1103. Die beiden Hände auf dem Pfaffenstieg in Hildesheim.

[897] (S. Seifart Th. II. S. 22 etc.)


An einem Hause im Pfaffenstieg sah man früher eine steinerne Hand, welche eine kleine, steinerne Säule umfaßt hielt. Das bedeutete die abgehauene Hand eines Falschmünzers, der vor vielen hundert Jahren in diesem Hause sein Wesen trieb. Mancher, der Nachts durch den Pfaffenstieg kam, hat diese Säule und diese Hand in feuerrothem Scheine glühen sehen. Jedesmal auf den Tag nämlich, an welchem der Falschmünzer seine Strafe erlitten, erglühte die Hand vor Mitternacht. An einem andern Hause im Pfaffenstieg sah man eine hölzerne Hand, welche ein Streichmaß hielt. Das war die verdorrte Hand eines Kornwucherers, welcher bei einer Theuerung armen hungernden Leuten gegenüber seine Hand zum Fenster herausgestreckt und geschworen hatte, daß er kein Korn mehr habe, »die Hand solle ihm gleich verdorren, wenn er mehr im ganzen Hause habe, als man von einem vollgeschütteten Himpten streichen könne.« Kaum hatte der Bösewicht, der alle Kammern und Böden voll hatte, das Wort gesagt, als ihm Arm und Hand verdorrten.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 897.
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