1164. Die Heldenburg.

[939] (S. Schambach u. Müller S. 11.)


In der alten Kapelle auf der Heldenburg befindet sich ein im Boden stehendes hölzernes Kreuz. Einst wollten zwei Männer aus Salzderhelden, weil es Winter war und sie Holzmangel hatten, dieses Kreuz bei Nacht wegholen. Sie gingen also um 12 Uhr hin und rüttelten daran mit aller Macht, um es aus der Erde zu ziehen; das Kreuz aber stand unbeweglich fest. Da sie es nun nicht losmachen konnten, so standen sie endlich von dem Versuche ab und sahen sich nach anderem Holze um, welches sie mitnehmen könnten, und wirklich sahen sie in einer Ecke mehrere Stangen liegen. Der eine der Männer nahm nun eine Stange und wollte sie zerbrechen, als er aber dieselbe vor das Knie legte, und sie schon durchbrechen wollte, da rief es dreimal: au! aus derselben heraus. Rasch warf er also die Stange hin und beide flohen über Hals und Kopf aus der Kapelle. Wie sie so über den Schloßhof liefen und sich einmal umschauten, sahen sie mehrere weiße Gestalten hinter sich herkommen, welche ihnen mit dem erhobenen Zeigefinger drohend zuriefen: »Wehe Euch, wehe Euch!« Die weißen Gestalten verfolgten aber die Beiden so lange mit diesem Rufe, bis sie durch den Burggraben hindurch waren. Darauf verschwanden sie, ohne daß den Männern weiter etwas zu Leide geschehen wäre.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 939.
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