1224. Das Grab des h. Dionysius.

[996] (S. Köster a.a.O. S. 213.)


Südöstlich von Lehe nahe an der Chaussee, welche von Lehe über die Geestebrücke nach Geestendorf bei Bremen führt, liegt der Klushof, der früher als Armenkirchhof benutzt wurde, seit Anlegung des neuen Kirchhofs aber im Jahre 1827 nur noch als Grasplatz jährlich zum Besten der Armen vermiethet wird. Hier stand in alten Zeiten das erste christliche Gebäude in dieser Gegend, die Kapelle zum heiligen Kreuz. Wahrscheinlich haben hierher fromme Priester um das Jahr 776 das Christenthum gebracht, allein ihren Bekehrungseifer gemeiniglich mit ihrem Leben bezahlt. Dieses Loos traf auch den Heidenapostel, der hier in dieser Kapelle auf dem Klushof lehrte. Es war der h. Dionysius aus Frankreich. Derselbe sollte eben von den wilden Sachsen ermordet werden, da sprach er, um der Lehre und dem Herrn, in dessen Namen er das Wort der Wahrheit verkündigt hatte, auch im Tode noch zu nützen, also zu seinen Mördern: »Ihr glaubt zwar nicht an das Wort, welches ich Euch verkündigt habe, aber dasselbe ist gewißlich wahr, und zum Beweise sollt Ihr mir, wenn Ihr mich enthauptet habt, meinen abgeschlagenen Kopf unter den Arm geben und ich will mit ihm noch eine Strecke Weges fortlaufen, da aber, wo ich niederfallen werde, sollt Ihr mich begraben!« Dieses Wunder reizte seine rohen Mörder gar zu sehr, als daß sie ihm das Leben gelassen hätten. Sie gingen die Bedingungen ein, schlugen ihm den Kopf ab, gaben ihm denselben unter seinen linken Arm und der Enthauptete lief mit ihm von dem Klushof gegen den Büttel bis zu der Stelle, wo man heute noch jedem Fremden sein Grab zeigt, der es sehen will. Freilich ist von einem eigentlichen Grabe nichts zu sehen, früher hat aber da ein aufgeworfener Hügel gelegen mit einem daraufstehenden Kreuze, jetzt ist es jedoch ein Rasenplatz, ein Paar Ruthen groß, am östlichen Ende eines Stückes Ackerlandes, dessen Besitzer aber sich wohl zu hüten hat, dieser Stelle mit dem Pfluge zu nahe zu kommen. Pilger aus Italien und Frankreich sind früher hierher gekommen und haben diese Grabstätte besucht, von da Erde mitgenommen und sich beides von dem damaligen Beamten schriftlich beglaubigen lassen. Das hiesige Kirchensiegel stellt übrigens auch den h. Dionysius dar, wie er seinen Kopf unter dem Arme trägt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 996.
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