1250. König Dan.

[1025] (S. Bechstein, Deutsches Sagenbuch S. 156.)


Im Lande Dithmarschen geht die Sage, daß der erste König von Dänemark Dan geheißen, der habe dem Lande den Namen gegeben, und nach ihm heiße es Dänemark, er habe aber nicht im heutigen Dänemark gewohnt, sondern in Schleswig. Früher habe er auch lange unter den Heiligen im Kalender gestanden. Zu seiner Zeit war noch Alles heidnisch, die Leute verbrannten ihre Todten, thaten die Asche in Urnen und setzten sie bei in Riesenbergen (Hünengräbern). König Dan wollte aber nicht verbrannt sein, sondern auf seinem königlichen Stuhl im Grabe sitzen und wollte auch sein aufgesatteltes Pferd bei sich haben, und das ist auch so befolgt worden.

Ohnweit Tönningen in Eiderstedt ist ein kleiner Erdhügel mit einer Höhle. Darin sitzt König Dan wie der Kaiser Friedrich im Kiffhäuser, mit zweimalhunderttausend Mann Wappnern, und alle schlafen. Einstmals wurde einem zum Tode verurtheilten Soldaten das Leben versprochen, wenn er in die Höhle hineingehen und berichten wolle, was er sähe. Da nun der Soldat in die Höhle kam, sah er den König an einem Tische sitzen, der hatte sein Haupt auf den Arm gestützt und schlief. Der Bart war ihm lang gewachsen und hing unter den Tisch herab. Jetzt erwachte der König und fragte den[1025] Soldaten: »Was willst Du?« – »Mich schickt mein Herr und König herein, daß ich Nachricht von Euch bringe.« – »Sage Deinem Herrn«, erwiderte der König Dan, »ich werde zu seiner Zeit wiederkommen und ihm Hilfe bringen und er soll herrschen über die ganz Welt.« Diese Zeit ist aber noch nicht gekommen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1025-1026.
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