1309. Der Hirschhornbrunnen.

[1059] (S. Müllenhoff S. 104.)


Vor langer Zeit war die Gegend, wo jetzt der dritte Theil von Schleswig, der Friedrichsberg liegt, mit Gestrüpp und Holz dicht bewachsen und menschenleer. Einige Hirten und Jäger sammelten sich jedoch nach und nach um eine Quelle mit schönem, reinen Wasser und es entstand ein Dorf. Eines Tages aber geschah das Unglück, daß die Quelle versiegte. Weit und breit war sie die einzige gewesen, und die armen Leute standen nun hilf- und rathlos da. Die Noth war groß. Da ging ein Jäger bei Nachzeit in den Wald, um da, er wußte nicht wie, Abhilfe zu schaffen. Nach langem Suchen sah er auf einmal einen weißen Hirsch mit goldenem Geweih. Schon legte er an, als ihm Mitleid mit dem schönen Thiere kam, und er die Büchse absetzte und nach Hause ging. Am andern Morgen fand man das goldene Geweih bei der Quelle, den Hirsch aber hat Niemand wieder gesehen. Jetzt konnte man den stattlichsten Brunnen bauen, der bis auf den heutigen Tag noch der Hirschhorn- oder Hornbrunnen heißt und das schönste Wasser in ganz Friedrichsberg giebt, das vor Zeiten heilkräftig war.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1059.
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