Sechster Auftritt

[121] Zimmer des Herrn von Hasenkopf mit einem Bethe und einigen Sessel.

Herr von Hasenkopf, welcher in einem Schlafrocke auf dem Bethe ligt, Henriette, welche schlafend auf einem Sessel sitzt, und Lisette, welche vor ihr, in der Hand das Frühstück haltend, steht.


LISETTE vor sich. Ich kann sie nicht ermuntern. Zu Henrietten, die sie immer zupft. Fräulein Henriette! die Chokolade ist hier, die sie erst zuvor verlangt haben.

HENRIETTE erwachend. Bist du hier? / was willst du? / ja! das Frühstueck, es ist wahr / ich habe von neuen eingeschlaffen. Nimmt und trinkt Chokolade. der Papa schläft noch? /

LISETTE. O ja! und recht sanft dazu; sie wissen ja, daß ihn seine närrische eingebildete Furcht ehe nicht schlafen läßt, bis der Tag zum Fenster herein sieht.

HENRIETTE. Ich bin so matt, als ob mir alle Glieder gebrochen wären, heut ist bereits die vierte Nacht vorbey, die ich immer auf dem Sessel sitzend zugebracht habe, weil die rasende Furcht meinen Vater wieder von neuen bethört hat, daß er von Geistern und Truden besucht zu werden sich einbildet, wenn er es noch lange so arg treibt, so wird er samt mir und den Dienstbothen ein Opfer seiner närrischen Furcht werden, und in das Krankenbeth, wo nicht gar in das Grab kommen.

LISETTE. Ich freu mich schon wieder, übermorgen kömmt die Woche an mich, wo ich bey ihm wachen muß; wenn ich nicht ihnen zu lieb aushielte, wo waer ich schon hingelaufen, statt hier zu dienen.

HENRIETTE. Auch die unruhigen Nächte würden mir bey meinem Vater noch erträglich werden, wenn ich nur am Tage in Vergnügen leben könnte, aber auch dieses will mir sein Eigensinn nicht vergönnen, ich[121] lebe ohnehin ohne alle Freude auf der Welt; Valer ist noch der einzige Gegenstand, der mich vergnügen kann, und zu dieser Liebe will mein Vater seine Einwilligung durchaus nicht geben, sondern mich durch die Verbindung mit dem pedantischen und närrischen Heinzenfeld, den mein Herz auf das äusserste hasset, lebenslang unglücklich machen.

LISETTE. Aber was wollen sie anders thun, als alles mit Gedult ertragen, und sich mit der Hofnung eines künftig bessern Schicksals trösten? der Herr Hauptmann von Valer hat ihnen ja jüngst versprochen, ein gewisses Mittel zu ergreifen, wodurch wir Beyde unsere Geliebten erhalten können.

HERR VON HASENKOPF welcher erwacht, und im Bethe aufsitzt, ängstig. He! ist Niemand hier?

HENRIETTE. Ja, Herr Papa! ich und Lisette sind zugegen.

HERR VON HASENKOPF. O weh! das war heute wieder eine Nacht / wenn es nur immer Tag wär / oder daß es keine Geister gäbe! / habt ihr heute Nacht gar nichts gehört? –

HENRIETTE. Nein. Herr Papa! nicht das geringste.

LISETTE. Ich habe auch nichts gehört, als den Nachtwächter, der die Stunden ausgeruffen hat.

HASENKOPF. O! ihr schlafet, wie die Postknechte, euerwegen könnten sich die Leuthe zu todte fürchten, oder von den Geistern beym Haare herumgerissen werden / so habt ihr vielleicht die Klage auch nicht einmal heulen gehort? –

HENRIETTE. In der That nicht, Herr Papa!

LISETTE. Ey ja Klag! es wird wohl wieder ein Hund gewesen seyn, wie jüngst, da sahen sie auch den Peruqenstock am lichten Tage für einen Geist an, bis ich ihn ihnen gezeigt habe.

HASENKOPF. Ja ja! frevle du nur! / du wirst solange deinen Spaß haben, bis dich einmal ein Gespenst wird recht zu packen kriegen. / Das ist mir unbegreiflich, haben die beyden Närrinnen nicht einmal die Klage heulen gehört, und sie heulte von zwölf bis zwey Uhr so fürchterlich, als ich sie noch einmal gehört habe. Steht vom Bethe auf. wen wird sie doch etwa wieder aus unserem Hause oder aus der Nachbarschaft hinausheulen? / der Himmel sey doch Jedem gnädig / mich überfällt eine gewisse Furcht, eine gewisse Ahndung. – Geh Lisette! sage dem Hausmeister, er soll geschwind zu dem Herrn von Alcantor springen, und nachsehen, ob ihn nicht etwa heute frueh der Schlag getroffen / denn er hat mir dieser Tage ueber einen gewissen Schwindel geklagt, und die Klage weint doch auch niemals umsonst; vielleicht! vielleicht ist es ihn angegangen.

LISETTE. Verzeihen sie gnädiger Herr! ich fürchte, der Herr von Alcantor möchte sie hierüber auslachen, oder wohl gar verdrießlich werden. –

HASENKOPF. Ja wenn er so närrisch wär, wie du! / er wird vielmehr meine Sorgfalt loben, besonders wenn ich es ihm wegen der Klage erzählen werde / was hast du mir einzureden? geh! und verrichte, was ich dir befehle, laß mir auch zugleich den Herrn von Heinzenfeld kommen.

LISETTE vor sich. Hab ich in meinem Leben einen solchen Phantasten gesehen! Geht ab.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 121-122.
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