Die Dritte Abhandlung.

[255] Der Schau-Platz stellet vor deß Königes Gemach.

Herodes. Pheroras. Antipater. Der Haupt-Mann mit den Trabanten.


HERODES.

Verhält diß Werck sich so / wie Jhr uns habt erzehlt?

PHERORAS.

Nicht anders: Rach' und Furcht ist beyden starck vermählt.

HERODES.

Wie könte Josephs Tod so bald zu jhnen fliegen?

ANTIPATER.

Was bleibt bey Hofe doch verborgen und verschwiegen!

HERODES.

War er denn / oder sie / geneigter zu der Flucht?

PHERORAS.

Die Alexandra hat den Vater stets versucht.

HERODES.

Die Unruh dieses Reichs muß stets was neues hegen.

ANTIPATER.

Sie wird nicht eher ruhn / biß man sie wird erlegen.[256]

HERODES.

Gab denn Hyrcanus auch stracks seinen Willen drein?

PHERORAS.

Nur letzlich: Denn zu erst wandt' er viel Sachen ein.

HERODES.

Was wolte denn hierinn sein Furchtsam Hertze sagen?

ANTIPATER.

Es wurde Zweyfels frey jhm doch der Fürst nachjagen.

HERODES.

Getroffen; Nicht gefehlt! gab diß die Tochter zu?

PHERORAS.

Sie sprach: Die schnelle Flucht sey eintzig seine Ruh.

HERODES.

So ward der Schluß gefaßt / ohn' Abschied durchzugehen?

ANTIPATER.

Umb in Arabien in Sicherheit zu stehen.

HERODES.

Daß Alexandra stracks mit dem Hyrcan erschein'!

HAUPT-MANN.

Sie sollen Augenblicks ins Königs Zimmer seyn.

HERODES.

Dem / der sich uns nicht traut / ist gleichfalls nicht zu trauen.

PHERORAS.

Wer nicht dem Fürsten traut / dem ist der Sarg zu bauen.[257]

ANTIPATER.

Wer Licht und König scheut / verdienet Grufft und Nacht.

HERODES.

Was ists denn / daß sie so auff diese Springe bracht?

PHERORAS.

Der Tod Aristobuls liegt jhnen stets in Sinnen.

HERODES.

Wahr ist's; Wir konten kaum der Weiber Klag' entrinnen.

PHERORAS.

So sehe nun der Fürst / was Alexandra kan.

ANTIPATER.

Wie nebst Cleopatren sie jhn zu Rom gab an.

HERODES.

Sie hatten freylich sich auff unsern Fall verbunden.

PHERORAS.

Doch diese raaset noch / ob jene gleich verschwunden.

ANTIPATER.

Ein stoltzes Weib erregt nur stündlich neue Pest.

PHERORAS.

Am besten bald gedämpfft / weil sich's noch dämpffen läßt.

HERODES.

Es laßt sich nicht so bald die Schwieger-Eltern tödten.

PHERORAS.

Wol: Wenn sich jhre Brunst verwandelt in Cometen.[258]

HERODES.

Stirbt Alexandra gleich / so lebt doch noch Hyrcan.

PHERORAS.

Der geht deß Königs Gluck' am allermeisten an.

HERODES.

Soll Freundschafft nicht bestehn bey nahverwanten Kronen?

PHERORAS.

Auch Kronen sollen nicht der schlimmen Eltern schonen.

HERODES.

Es hat Hyrcanus mir nichts übels zugefügt.

PHERORAS.

Gnug / daß er mit dem Kind' in gleichem Laster liegt.

HERODES.

Sie hat jhn überschwätzt / bewogen und betrogen.

PHERORAS.

Mit solchen Gründen kömmt kein Weiser auffgezogen.

HERODES.

Sein Priesterlicher Stand befreyt jhn von der Bahr.

ANTIPATER.

Ward Zacharias nicht getödtet beym Altar?

HERODES.

Durch andrer Fehler muß man eigne nicht beschützen.

PHERORAS.

Der König wird hierdurch jhm Statt und Krone stützen.[259]

HERODES.

Diß ist der rechte Zweck! Nun stimmt der Fürst dir bey!

PHERORAS.

So bald Hyrcanus fort / ist auch Herodes frey!

HERODES.

So ists: Durch seinen Tod wird Assamon vergessen.

PHERORAS.

Die Lorbeern blühen uns auß diesen Traur-Zypressen!

HERODES.

Halt an! Sie kommen gleich. Wir wollen List und Macht

Den Richter lassen seyn.


Herodes. Pheroras. Antipater. Alexandra. Hyrcanus. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Der Blut-Richter / die Beil-Träger.


HERODES.

Gleich wie der düstre Schacht /

Wo höffliche Gebäu den schönsten Anbruch weisen /

Vor Gold und Silber offt gewehret Bley und Eisen:

Wie offt der reichste Schatz / den das Krystall uns zeigt /

Jn einem Augen-Blick sich in den Abgrund neigt /

Und nichts als Wasser quillt: So spielt mit uns das Glücke!

Wer hatte wol vermeint / daß solche Mörder-Tücke /

Solch gifftig Berg-Werck solt' in euren Hertzen seyn /

Die zwar von aussen stets beliebten Sonnen-Schein /

Jnwendig aber nur Cometen angezündet?

Seht / wie der theure Schatz der Freindschafft nun verschwindet /

Weil jhr mein Krystallin / mein redliches Gesicht[260]

Verändert und befleckt / so daß es nun zerbricht

Mit Gnade gegen euch! Jst Fremden so zu trauen?

Soll man nicht festern Grund auff Anverwandte bauen /

Als leider hier geschieht? So schlage Blitz und Bley

Auff solche Liebe loß! Jst nicht Hyrcanus frey?

Wird Alexandra nicht als Mutter stets geliebet?

Und doch hat eu'r Gemüth' ein solches Stück verübet /

Daß Salems Nutzen schwächt / deß Königs Ruhm verkürtzt /

Ja wo nicht wird gesteurt / uns auff die Bahre stürtzt.

Verdammte Gleißnerey! Vermaledeiter Zweiffel!

Welch Zwietrachts-voller Geist / welch heißerboster Teuffel

Hat Euch Mißträuligkeit / die Seuche dieser Welt /

So auch den Quader-Stein der Liebe selbst zerschellt /

Jn Sinn und Hertz gepflantzt? Jst euch der Fürst verdächtig /

Weil er durch Glück' und Muth im Reiche worden mächtig?

Was reitzt euch hierzu an? Jst Salem euch zu schlecht?

Jst Malichus ein Printz / und wir ein blosser Knecht?

Sticht denn Arabia mit den unfruchtbar'n Jnseln

Die heil'ge Landschafft weg / die sich mit Kron' und Jnfeln

Längst über alle Reich' biß an den Pol erhöht?

Jedoch was eifern wir! Ein Tauber fast versteht /

Daß blosser Ehr-Geitz euch zu solcher Flucht verleite /

Der / wenn Herodes nur die grimme Seel' außspeite /

Nicht eher würd' erfüllt. Seht eure Heiligkeit /

Eur schön Gewissen an! Ha teuffelischer Neid!

Als sich Cæsareon vor dem August geflüchtet /

Ward er / weil er geflohn / vom Kayser hingerichtet:

Und jhr / die jhr von uns doch nichts als Freindschafft spührt /

Werd't / nur zu unserm Schimpff / auff dieses Eiß geführt /

Daß euch den Kopff abstößt.

ALEXANDRA.

Es sind der Boßheit Künste /

Gekrönten vorzumahl'n von Fremden blaue Dünste /

Die nichts als Schatten seyn. Der Fürst eröffne mir /[261]

Welch freches Läster-Maul mit schändlicher Begier

Uns beyde schwartz gemacht und fälschlich angegeben.

PHERORAS.

Man sihet stündlich dich in lauter Unruh schweben /

Und dennoch stehst du umb / was ich nicht nur allein /

Auch selbst Antipater von dir genommen ein /

Und deutlich angehört.

ALEXANDRA.

Wie heißt denn das Verbrechen?

ANTIPATER.

Daß jhr durch schnöde Flucht euch wollt am König rächen /

Und bey dem Malichus bemühn umb Schutz und Ruh.

ALEXANDRA.

Ach! daß der Donner nicht schlägt augenblicklich zu /

Und den Verleumbdungs Blitz in Asch' und Staub verwandelt!

Wie daß Antipater so gifftig mit uns handelt /

Und sonder Ursach uns beym Fürsten macht verhaßt?

Gesetzt / doch nicht enträumt / es sey der Schluß gefaßt /

Das Reich Arabien auff kurtze zeit zu grüssen:

Hierdurch wird Stadt und Land im minsten was entrissen /

Denn unsre Gegenwart nutzt Palæstinen nicht /

Uns geht kein Scepter an / kein Jnfel / kein Gericht.

Zu dem hat Malichus offt den Hyrcan ersuchet /

Jhm / weil sein innrer Trieb das Heydenthum verfluchet /

Deß Jüd'schen Gottes-Diensts und Glaubens wahren Grund

Außführlich abzumahl'n / und zwar mit eignem Mund:

Soll diß nun straffbar seyn / was GOttes Ruhm vermehret?

Mit kurtzem: Unsre Treu ist hierdurch nicht versehret.[262]

HYRCANUS.

So ists / verführter Fürst: Er dencke was zu rück'!

Mich hat der Araber vor's Brüdern grimmer Tück /

Der dir und mir den Thron gewaltsam wolt' entreissen /

Mit starcker Faust beschützt. Soll nun mein Hertz nicht gleissen

Hier mit dem Diamant der edlen Danckbarkeit /

Die sonderlich erheischt mein GOtt verlobtes Kleid?

Denn wer die Tugend nicht zumal in Glaubens Sachen

Außübet / wenn er kan / auff den wird schrecklich krachen

Deß grossen GOttes Zorn! So ist auch über diß

Der König jetzt deß Bund's mit Malicho gewiß /

Der weder Pfeil noch Schwerdt auff Salems Unheil spitzet.

Ja Palæstina selbst wird hierdurch mehr gestützet /

Wenn unsern GOttes-Dienst Arabien nimmt an.

Und endlich ist zu sehn / ob / was man schloß / gethan;

Ob oder Vorsatz nur ein schlechter Vorsatz blieben.

Nein warlich! weil ich seh / daß diß wird angeschrieben

Als ein mißträulich Werck / daß (wie der Himmel weiß!)

Doch keine statt hier find / so breche Reiß' und Eiß /

Auff welches keine Furcht / kein Zweifel mich verleitet.

PHERORAS.

Schaut / wie der Frechheit Mund vom rechten Zweck abschreitet!

Diß sind nur faule Fisch': Erwegt die Reden doch /

So jhr kurtz hin geführt! Das Eisen harte Joch /

Daß Joseph allbereit im schnöden Beil empfunden /

Die durch Aristobul'n euch eingesetzte Wunden

Die würckten durch die Flucht die Rach' in eurer Seel'.

War euch Herodis Burg nicht eine Mörder-Höl' /

Deß Kedars Mord-Gezelt / und Mesechs grimme Hütten /

Wo nichts als Hencker nur und grause Tyger wütten?

Habt jhr dem Dagon nicht verglichen unsern Fürst?[263]

ALEXANDRA.

Schau / wie / Verräther / dich nach unserm Blute dürst!

HERODES.

Halt inn' mit solchem Wort; verbittert nicht die Sinnen!

ALEXANDRA.

Man soll der Unschuld nicht den Sterbe Kittel spinnen.

PHERORAS.

Die Unschuld ist sehr klein / die Unthat trefflich groß.

ALEXANDRA.

Der Dorn in eurem Aug' ist Mariamne bloß.

PHERORAS.

Soll Mariamne nun auch eure Laster schützen?

ALEXANDRA.

Auff heil'ge Lorbern pflegt der Donner nicht zu blitzen.

PHERORAS.

Euch kommt noch Heiligkeit noch prächt'ge Lorbern zu.

ALEXANDRA.

Wir sind von heil'germ Blut / von besserm Stamm / als du.

PHERORAS.

Schaut / wie das Hoffarts Gifft kan in der Seele kochen!

ANTIPATER.

Schaut / wie der König selbst wird heimlich angestochen!

HERODES.

Vermäßner Hochmuths-Reitz! Stracks Beil und Hencker her![264]

PHERORAS.

Sind jhre Sinnen doch von aller Liebe leer!

ANTIPATER.

Scheut sich ein Weibs-Bild nicht den Fürsten anzutasten?

HERODES.

Mund und Gemüthe stehn in einem Meineids-Kasten /

Dem hitz'ger Eifer nun die Riegel loß gemacht.

Genug! Nun ist es Zeit / daß unsre Langmuth kracht /

Und sich in Donner kehrt / und unsre Sorgen stillet.

Nun ist jhr Sünden-Maaß im höchsten Grad erfüllet!

PHERORAS.

Wer Kron' und Thron beschimpfft / fäll't billich in das Grab.

ANTIPATER.

Soll Jdumæa blühn / so reißt diß Unkraut ab.

PHERORAS.

Wil güldne Sicherheit Herodes jhm erwerben /

So müsse stracks Hyrcan und Alexandra sterben.

HERODES.

Der Spruch ist abgefaßt: Greifft die Verräther an.

HYRCANUS.

Thut Priestern nicht Gewalt! Denckt wer sie rächen kan!

ALEXANDRA.

Entweicht! Wer gibt euch Macht uns Fessel anzuwerffen?

HERODES.

Der Printz / auff dessen Hals jhr woll't den Mord-Stahl schärffen.

Nur fort![265]

ALEXANDRA.

Der König hör'!

HERODES.

Es ist nicht Hörens Zeit.

HYRCANUS.

Besprengt mit Blute nicht mein Priesterliches Kleid!

HERODES.

Hoffärt'ge Jnfel muß in Purpur sich verwandeln.

HYRCANUS.

Hilff Himmel! wil man denn so mördrisch mit uns handeln!

HERODES.

Der Themis Richt-Axt ist kein mördliches Gewehr.

HYRCANUS.

Ach! daß die Themis doch mein' Unschuld hier erklähr'!

ALEXANDRA.

Man pflegt gekrönte nicht so sclavisch hinzurichten.

HERODES.

Wenn sich gekrönte selbst durch Unthat so vernichten.

HYRCANUS.

Ach Tochter!

ALEXANDRA.

Ach Hyrcan! Ach mein Aristobul!


[266] Herodes. Pheroras. Antipater. Hyrcanus. Alexandra. Mariamne. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Der Blut-Richter. Die Beil-Träger.


HYRCANUS. ALEXANDRA.

Ach Mariamne! Ach! Errett' uns auß dem Pful

Der unerschöpfften Schmach!

HERODES.

Sehn wir die Fürstin kommen!

MARIAMNE.

Hilff dreymal-grosser GOTT! was hat man vorgenommen!

Mein Licht! Mein Schatz! Mein Herr! Mein König und mein Haupt!

Wo Mariamnen jtzt zu reden ist erlaubt /

Wo Mariamne sich darff ichtwas unterwinden /

So laß' er seine Magd ein sanfftes Antlitz finden!

Mir ist zwar unbewust / was seinen Geist erhitz' /

Warumb der Donner-Schlag / der unverhoffte Blitz /

Der traurige Comet / die seufftzende Gemeine /

Jn Salems Friedens-Burg vor jhm / mein Fürst / erscheine.

Jedoch weil umb und umb ein' innerliche Glut

Mein klopffend Hertz' entflammt / weil mir das treue Blut

Ob angebohrner Brunst an alle Adern schläget /

Und einem Uhr-Werck gleich sich durch den Leib beweget /

So wird der König ja die Kühnheit mir verzeih'n.

Der Himmel pfleget nicht stets Regen außzustreun /

Noch grause Wetter-Stürm' in Lüfften darzustellen /

Wenn etwan Hitz und Frost zusammen sich gesellen /

Und den nichts-werthen Dunst die Wolcken ziehn an sich.

Hier / hier / mein Hertz / mein Trost / betrachte selber dich!

Jn deinem Himmel braust (ich beb' / ich starr' / ich zitter'!)

Ein ungeheurer Sturm und schädliches Gewitter /[267]

Daß ein unreiner Dampff hat Zweifels frey erweckt.

Daß nun der Donner-Keil in Zeiten werd' ersteckt /

Und nicht mit lichtem Knall auff Unschulds Zedern blitze /

So bau / O König / doch in deinem Sternen-Sitze

Mit starcken Armen vor! besänfft'ge dein Gesicht /

Und gib vor Nebel uns ein Demant-helles Licht!

Wer ists / auff den du tobst? Ein Frauen-Bild und Priester!

Kein rauher Araber / kein scheußlicher Philister /

Kein toller Götzen-Knecht / kein schwartzer Mauritan.

Ach nein! Sie gehen dich mit heil'ger Freindschafft an.

Als Abjathar den Thron deß Davids sehr verletzet /

Ward nicht ein eintzig Schwerdt auff seinen Hals gewetzet /

Er ward vom Tempel nur / nicht von der Welt verjagt.

Als Cinna den August verräthrisch auch geplagt /

Da sonst das blancke Beil höchstbillich jhm gebühret /

Ward er mit neuem Ruhm vom Kayser außgezieret.

Wofern nun / grosser Fürst / hier ichtwas ja versehn /

So laß' er vor den Sturm doch Gnaden-Lüffte wehn /

Die jhn und sein Geschlecht biß an den güldnen Wagen

Der Diamantnen Sonn' unendlich werden tragen!

HERODES.

Printzeß / die Frevler sind nicht jhrer Bitte werth /

Weil sie das Freindschaffts-Blut in Gall' und Gifft verkehrt:

Jedoch daß uns die Welt nicht grimmig möge schelten /

So soll / was sie gewüntscht / an einem Theil zwar gelten /

Am ändern aber muß mein ernster Will' ergehn.

Die Alexandra soll stets im Gefängnüß stehn /

Hyrcanus aber sich den Strick erwürgen lassen.

MARIAMNE.

Mein Fürst / er wolle doch ein sänffter Urtheil fassen!

HERODES.

Vollzieht den letzten Schluß![268]

MARIAMNE.

Ach Himmel! er entlaufft!

Voll Eifer / Rach' und Grimm! Seht wie der Wüttrich saufft

Unschuldig Blut hinein! Ach fließt jhr Threnen! fliesset!

Seyd / werthester Hyrcan / zu guter Nacht geküsset!

Jhr zeiget mir den Weg!

HYRCANUS.

Der Himmel tröste dich /

Betrübte Königin! Und du / mein ander ich /

Gehab dich mehr als wol!

HAUPT-MANN.

Laßt ab! wir müssen eilen!

Sonst blitzt der Fürst auff uns mit schwefellichten Keilen.


Der Schau-Platz bildet ab den Königlichen Lust-Garten.

Salome. Deß Königs Mund-Schencke.


SALOME.

Der Anschlag geht nach Wuntsch! Mein Mann ist nun erblaßt;

Die Alexandra ist dem Fürsten höchst verhaßt /

Hyrcanus wird auch bald im Strick erwürgen müssen;

So wird das Pfaffen-Haus deß Assamons zerrissen /

Daß wider unsern Stamm sich zänckisch auffgelehnt /

Und Jdumæam stets nebst Printz und Reich verhöhnt!

So siegt die Frauen-List! Was acht' ich die Zypressen!

Der albre Joseph ist von Salomen vergessen:

Mich ziert der Scharlach mehr als Asche / Sack und Flor!

Die kluge Jüdin geht den Africanern vor.

Doch eines fehlet noch zu dem gewüntschten Ende:

So lang' ich nicht ins Blut der Fürstin meine Hände

Kan freudig tauchen ein / so bin ich nicht vergnügt;[269]

Denn Mariamne ist's / so noch im Wege liegt.

Hier ist es / Salome / hier ist es Zeit zu dencken /

Wie dieser Eck-Stein sey ins Todten-Meer zu sencken /

Der meine Brust beschwert und mir das Hertz abstößt!

Jch habe zwar dem Fürst schon ichtwas eingeflößt

Vom schärften Eifer-Gifft; Doch dieses war zu wenig.

Hier ist ein stärckrer Tranck / der Zweifels frey dem König

Gerechte Rach-Begier wird würcklich bringen bey.

Jtzt bin ich nur bemüht / wo doch ein Mittel sey /

Diß edle Trinck-Geschirr dem Fürsten darzu reichen.

Wolan! Du kommst gleich recht! Dir sind die Gnaden-Zeichen /

Mit welchen Salome dich offters überschütt /

Mehr als zu wol bekant / du weißt / daß unsre Gütt'

Nie gegen dir / mein Freind / ist jemals falsch gewesen:

Daß ich nun deine Treu auch ferner möge lesen /

So leist' uns deinen Dienst in einem wicht'gen Werck' /

Das Salomen und dich tragt auff der Ehre-Berg.

MUND-SCHENCK.

Printzeß ich bin bereit / mein Leben auffzusetzen

Vor diß / was sie erquickt.

SALOME.

Du wirst uns hoch ergetzen /

Wenn du dem König wirst einlieffern den Pocal /

So bald er kommen wird auß dem geheimen Saal

Nach süsser Mittags-Ruh. Laß traurige Geberden /

Ein seufftzend Angesicht stracks deinen Meister werden /

»Und zeig' jhm höchstbetrübt mit kurtzen Worten an:

Herr / meine Pflicht erheischt / daß ich nicht schweigen kan!

Diß Trinck-Geschirr entdeckt der Mariamnen Liebe /

Die durch verborgen Gifft sein inners Sinn-Getriebe /

Wo nicht das Leben selbst in Abgrund stürtzen wil.

Jch habe zwar vermeint / diß vorgesetzte Ziel[270]

Der Fürstin zu verhau'n: Sie aber mit Geschencken

Hat eifrigst sich bemüht die Sinnen mir zu lencken

Auff solche Greuel-That / umb diesen Liebes-Tranck

Jn möglichster Geheim dem König ohne Zwang

Und eingen Wiederwill als Labsal beyzubringen.«

Herodes wird hierauff ohn' allen Zweiffel springen

Und brennen gantz vor Zorn: Du aber scheue nicht /

Dem König unverrückt zu treten ins Gesicht /

Und alle fragen jhm umständlich zu erklären

Mit Antwort / die sich ziemt.

MUND-SCHENCK.

Printzessin / jhr Begehren

Scheint freylich in der erst unmöglich einzugehn /

Weil Lieb' und Zweifel stets ins Fürsten Seele stehn /

Die Mariamn' erweckt: Denn solche Liebes-Flammen

Theilt weder schlaue List noch grimme Macht von sammen.

Jedoch wo Salome mich nur nicht lassen wil /

Und steiff befödern hilfft diß lust'ge Trauer-Spiel /

So wil ich dieses Wercks mich klüglich unterwinden.

SALOME.

5

Der Himmel lasse dich gewünschten Außgang finden!


Der Schau-Platz verwandelt sich in ein heimlich Gefängnüß.

Hyrcanus. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Die Hencker.


HYRCANUS.

Ach Schmertz! So ist numehr die bittre Stunde dar /

Da ich vor Kirch' und Reich / und Tempel / und Altar

Mein unbeflecktes Hertz zum Opffer dar-soll-stellen!

Mein Gott! ich seufftze nicht / daß mich der Tod wird fällen /[271]

Daß mein verlebter Geist sein Wohn-Haus lassen muß:

Ach nein! ich steh' ohn diß schon mit dem einen Fuß

Jn dem gewüntschten Grab: Was solt' ich anders hoffen!

Ob später was der Pfeil mich oder eh'r getroffen.

Ach aber! daß man sich an meinem Haupt vergreifft /

Und mit vermumtem Recht das Richt-Beil auff mich schleifft /

Daß mit der Themis man den frechen Mord beschönet /

Und Assamons Geschlecht vor aller Welt verhönet /

Diß / grosser Zebaoth / preßt mir die Seufftzer auß!

Unseeligs Priesterthum! Nunmehr verlohrnes Haus!

Ach Mariamne! ach! wird man dich auch verschonen!

Ach Alexandra! ach! wird man dich auch belohnen /

Wie leider mir geschieht! Jch fürcht'! ich fürchte sehr!

Jedoch der in der Pein uns stärcket mehr und mehr /

Der auß der Gruben hilfft den Jeremias retten /

Der Daniel'n erlöst von Leuen / Strick und Ketten /

Der von dem Holofern Bethulien befreyt /

Und Mardochai schenckt ein Königliches Kleid /

Wird / liebste / auch auff euch ein gnädig Auge wenden.

Jndeß laßt an den Port der Ruhe mich anlenden /

Laßt auß Ægyptens-Nacht in Canaan mich gehn /

Wo Milch und Honig fleußt / wo tausend Engel stehn /

Und unsrem JEHOVAH das Dreymal Heilig singen!6

Mich dünckt ich höre schon die seel'ge Stimm' erklingen!

Unschätzbare Music! Der keine gleichen kan!

Schweig jrrd'sches Seiten-Spiel! Hier stimmt man Lieder an /

Die Assaphs Anmuth nicht in Davids Hof-Capelle

Gedichtet und gespielt: Hier ist die sichre Stelle /

Die kein Philister nicht / kein Jebusiter trutzt.[272]

Hier ist das Paradieß / das über alle stutzt /

Und uns die Lorbern reicht / die nimmermehr verblühen.

Bestürtzte Sion! Ach! ich muß von hinnen ziehen!

Bestürtzte Sion! Ach! dein Lehrer scheidet ab!

Dein achtzig-jähr'ger Knecht fällt numehr in das Grab!

Gehab dich / Sion / wol mit dem geweihten Tempel!

Gehab dich / Sion / wol! Mein klägliches Exempel

Sey eine Warnung dir! Der Himmel schütze dich /

Biß jener lichte Stern auß Jacob zeige sich!

Ade verführter Fürst! Regiere deine Sinnen /

So wird deß Davids Glück auff deine Schlösser rinnen!

Auch die jhr hier verdeckt mir Sarg und Grufft gebaut /

Gehabt euch ewig wol! Ja die jhr mich jtzt schaut

Den gantz versöhnten Geist im harten Strick auffgeben /

Leb't wol! Es müß' umb euch Sieg / Heil und Wolfahrt schweben!

Sagt Mariamnen doch und Alexandren an /

Daß dieser nicht vertirbt / der stirbet wie Hyrcan.

Wolan! Wir wollen nun diß Threnen-Thal verlassen!

Daß Urim-Thummim muß zwar an der Brust erblassen /

Doch wird das wahre Licht der ew'gen Herrligkeit

Mich zwölfffach strahlen an nach außgestandnem Leid!

Ach Monden! der du vor auff meinem Haupt geschienen /

Sollst nun mir Sterbenden zur Todten-Fackel dienen!

Jhr Zymbeln / derer Klang die Andacht stets erweckt /

Kommt läutet mir zu Grab! Hier Hegt Hyrcan gestreckt!

Erhöre / grosser GOTT / in meiner letzten Stunde /

Was dir dein Knecht vortragt mit halbverbrochnem Munde /

Der auch im Tode noch dich preiset und erhöht!

Nihm / Schöpffer / mich zu dir!

HAUPT-MANN.

Er athmet! Er vergeht!

Der müde Geist ist fort! Daß man die blasse Leiche

Der Priesterlichen Schaar auff jhr Begehren reiche.
[273]

Reyen


Der Jüdischen Priester.

Der grosse Schau-Platz bildet ab einen Jüdischen Trauer-Tempel / in dessen Mitte Hyrcani Leiche auff einem erhobenem Grab-Mahle ruhet: Jn der Vertieffung aber wird das Sanctum Sanctorum, oder das Allerheiligste nebst der Bunds-Lade / güldnem Leuchter / Schau-Brodten und andern Kirch-Schätzen vorgestellet.


Erster Satz.


So ist numehr deß Aaronis Ruthe

Durch grimme Hitz' verdorret und entweiht

So hat Hyrcan in seinem eignen Blute

Den werthen Geist so kläglich außgespeit!

Liegt Sions Schatz auff dieser Todten-Bahre /

Der Nathans Witz und Zadocks Mund besiegt!

Hat nicht der Schnee der zweymal viertzig Jahre

Der Jnfel Treu mit bessrem Lohn vergnügt!

Und müssen wir mit Ach und Leiden

Sehn unsre Sonne von uns scheiden!


Erster Gegen-Satz.


Ja freylich! Ach! Die Sonn' ist nun erblichen!

Der Monden sanck ins schwartze Todten-Meer!

Das Brust-Schild ist von unsrer Brust gewichen /

Die Zymbeln sind von aller Anmuth leer!

Seht / wie der güldne Leuchter finster leuchtet!

Es brennt nicht mehr das siebenfache Licht /

Mit opffern wird jtzt kein Altar befeuchtet /

Die Schau-Brodt sind verächtlich zugericht:

Die Bunds-Küst selbst wil fast entweichen

Ob solchem Mord und Greuel zeichen!


Erster Zusatz.


Laßt / Brüder / uns die letzte Pflicht abführen!

Bringt Balsam / Kezia und Oel![274]

Laßt Stirn' / und Aug' / und Mund / und Brust jhm schmieren:

Daß Myrrh' und Aloe nicht fehl'!

Und weil wir jhm den Mund nicht konten schlüssen /

So lasset uns sein blasses Antlitz küssen!


Zweyter Satz.


Nihm von uns an die letzten Opffer-Gaben!

Ob du nun gleich bist worden den Methim /

So wirst du doch ins Kefer eingegraben

Als ein Zaddick / nicht wie die Reschaim.

Dein Tohora bedarff hier keiner Asche /

Noch warmen Blut's von einer rothen Kuh:

Es ist nicht Noth / daß man die Glieder wasche

Mit Jsopen; Du schlaffst in schönster Ruh /

Und sitzest auff der höchsten Staffel

Bey Abrahams und Jsaacs Taffel.


Zweyter Gegen-Satz.


Beräuchert nun die GOtt-verlobten Glieder!

Streut Weyrauch auff das güldne Krystallin!

Die flöt' erschall'! Stimmt an die Todten-Lieder!

Legt jhm nicht an die weissen Tachrichrin!

Hyrcan soll stets als Hoher-Priester gläntzen /

Auch wenn er schon vor'm Tod die Seegel streicht:

Laßt mit Viol und Rosen uns bekräntzen

Den heil'gen Leib / weil unsre Ros' erbleicht /

Die Salems Dornen-reiche Wiese /

Verwandelt stets in Paradiese!


Zweyter Zusatz.


Schlag't Brüst' und Seit'! Zerreißt die bunten Kleider!

Kricht in den Sack! Streut Asch' und Staub auffs Haupt!

Schreit! heult und weint! Ach leider! leider! leider!

Der Morgenstern in Sion ist geraubt!

Der grosse Schmertz wil uns zur Erde neigen /

Und macht / daß wir erzitternd müssen schweigen!

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 1, Berlin und New York 1975, S. 255-275.
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