Zweyter Auftritt.

[280] Tiridates. Octavius.


TIRIDATES.

Wohin mein Freund Octav so einsam / so betrübt?

OCTAVIUS.

Jch suche diesen Orth / der Ruh und Frieden giebt.

TIRIDATES.

Jst dann im grossen Hoff nicht Fried' und Ruh zu finden?

OCTAVIUS.

Wo wil diß Kleinod ehr alß im Pallast verschwinden?

TIRIDATES.

Wie kan diß möglich seyn weil Themis hier regiert?

OCTAVIUS.

Offt wird der gelbe Neid mehr alß das Recht verspührt.

TIRIDATES.

Wo zielt die Red' hinauß? Jst Themis dann erblichen?

OCTAVIUS.

Ja! Palamedes macht daß dieser Schatz entwichen.[280]

TIRIDATES.

Entdecke doch mein Freund was deine Sinnen drückt.

OCTAVIUS.

Die Heyrath der Prinzeß hat mir mein Ziel verrückt.

TIRIDATES.

Hat etwan Palamed was schädlichs hier gemischet?

OCTAVIUS.

Ja freylich; Weil Octav vergeblich hier gefischet.

TIRIDATES.

Hat eine Stimme nur mein grosser Schach gehabt?

OCTAVIUS.

Ja / weil Printz Ferdinand mit zweyen ward begabt.

TIRIDATES.

Jst aber nicht Octav bedacht den Schimpff zu rächen?

OCTAVIUS.

Wer wil auff Rache sehn wo Mittel woll'n gebrechen.

TIRIDATES.

Jch wil das Mittel seyn zu dieser Edlen Rach.

OCTAVIUS.

Die Rache zieht nach sich nur Jammer / Weh und Ach!

TIRIDATES.

Mein Freund Er hat allhier ein allzuzart Gewissen.

OCTAVIUS.

Wer dieses rein bewahrt / darff nicht in Ketten büssen.[281]

TIRIDATES.

Der Ehre reiches Gold sticht alle Ketten weg.

OCTAVIUS.

Die Ruhe deß Gemüths ist meiner Sinnen Zweck.

TIRIDATES.

Die Ruhe deß Gemüths wohnt auff dem Berg der Ehren.

OCTAVIUS.

Deß Unglücks Donner-Keil kan diesen Berg versehren.

TIRIDATES.

Die Sonne auff dem Thron verjaget allen Blitz.

OCTAVIUS.

Der Thron ist an sich selbst ein Dornen-reicher Sitz.

TIRIDATES.

Mein Freund! Unß dienet nichts diß leere Wort-Gefechte.

Die Rache lassen zu offt selbst die schärffsten Rechte.

Es kan Octavius ein Fürst in Perßen seyn /

Dafern sein kluger Sinn stimmt meinem Vorsatz ein /

Krafft dessen die Prinzeß wir beyde wolln entführen

Jn diesem Lust-Refier und unß mit Masqven zieren.

OCTAVIUS.

Diß siht gefährlich auß! Doch wo mit kluger List

Nur Tiridates ist vollkommen außgerüst /

Und durch den theuren Eyd bekräftigt sein Versprechen /

So wil ich mich nebst Jhm an dem Alphonsus rächen /

Und zeigen daß ich sey deß Tiridatens Freund

Jn diesem wicht'gen Werck.[282]

TIRIDATES.

O mehr alß wol gemeint!

Entblösse deinen Stahl!


Octavius zieht seine Säbel auß / auff welche Tiridates zwey Finger leget und also knieende schwehret.


TIRIDATES.

Jch schwer' auff dieser Erden:

Es sol Octavius ein Fürst in Perßen werden /

Zugleich ein Fürstenthum / das dreyßig Städte hat /

Empfahn vom grossen Schach durch Tiridatens Rath!


Tiridates stehet wieder auff und entblößet gleichfalls seine Säbel / auff welcher Octavius ebener massen schwehret.


Und hier ist auch mein Schwerdt!

OCTAVIUS.

Schau meine Lippen schwehren /

Daß ich dem Tiridat wil die Prinzeß gewehren

Jn diesem Lust-Refir und in vermumter Tracht

Sie führen auß dem Land biß Sie in Persen bracht!

TIRIDATES.

So lebe wol mein Freund! Jch trau auff dein Versprechen!

OCTAVIUS.

Nicht anders!

TIRIDATES.

So muß man sich an dem Feinde rächen!


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 280-283.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Casanovas Heimfahrt

Casanovas Heimfahrt

Nach 25-jähriger Verbannung hofft der gealterte Casanova, in seine Heimatstadt Venedig zurückkehren zu dürfen. Während er auf Nachricht wartet lebt er im Hause eines alten Freundes, der drei Töchter hat... Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht.

82 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon