Siebenter Gesang.

Die Affenschule.

[169] Nach so trauriger Erfahrung

Sah nun wohl der edle Munkel,

Daß nicht viel mehr anzufangen

Mit der gegenwärt'gen Menschheit,

Daß sie welk und abgestanden

Und verderbt bis in die Knochen.

Kam daher auf den Gedanken,

Sich für seinen Zweck ein and'res,

Taugliches Geschlecht von frischen,

Unverdorb'nen Lebewesen

Allgemach heranzubilden.[169]

Erst verfiel er auf die Wilden,

Auf die Kaffern, Hottentotten,

Auf die Indianerstämme.

Doch es bracht' ein ihm sehr werther,

Höchst intelligenter Affe,

Den er hielt in seinem Hause,

Ihn auf die Idee, es lieber

Zu versuchen mit den Affen,

Die ja ein gewisses Anseh'n

Schon genossen auch in seinem

Musterstaat als Stammesväter

Unsres sterblichen Geschlechtes.

Zu vernünftigen Geschöpfen

Würden sie sich bald entwickeln,

Dacht' er, wenn man ihnen gäbe,

Was bisher sie schwer entbehrten:

Sprache, Wissenschaft, Erziehung!

War die Menschwerdung des Affen

Denn ein Traum? War dargethan sie

Nicht geschichtlich als gelungen

In dem Lauf der Jahrmillionen

Auf dem Wege der Entwicklung?

Jetzt auf kürzer'm, rascher'm Wege

Den Prozeß zu wiederholen,

Zu vermenschlichen den Rest auch

Dieser altehrwürd'gen Rasse –

Munkels genialer Plan war's.

Stracks in einem affenreichen[170]

Lande ging er d'ran, zu gründen

Eine große Affenschule,

Neben welcher Filialen

Zahlreich blühten. Auch in and're

Affenländer ausgesendet

Wurden Affen-Missionäre,

Affenfänger, Affenjäger,

Affentreiber, zuzuführen

Munkels hoher Affenschule

Vielversprechende Talente.

Edle Frauen strickten Socken,

Nähten Jacken für das neue,

Sprossende Geschlecht der Brüder.

Zu des löblichen Kulturzwecks

Förd'rung wurde rasch gegründet

Eine Aktiengesellschaft,

Und wie vordem zur Bekehrung

Schnöden Heidenvolks man auszog

Mit der Bibel, mit dem Schwerte,

Jetzt mit Fibel und mit Bakel

Zog man aus, bekehrungseifrig,

Um die Affen zu gewinnen

Für das Himmelreich der Bildung.

Und gelehrig war der Affe,

Lernte sprechen, lernte lesen,

Schreiben, singen, musiziren,

Lernte turnen, lernte tanzen.

Hei, wie drängten gaffend, lauschend,[171]

Zu den Affenschulpalästen

Sich die Leute, zuzuhören

Vor den Fenstern, wie da drinnen

Sich die muntern Affenjungen

Mit Gezeter und mit Lärmen

In den vierundzwanzig Lauten

Uns'res Alphabetes übten! –

In der Kunst, der wunderbaren,

Welche endlich doch erfunden

Unser leuchtendes Jahrhundert:

Auszusprechen, was so viele

Tausend Jahr' als unaussprechbar

Galt: den Mitlaut ohne Selbstlaut –

In dem Hauchen, Pfauchen, Prusten,

Zischen, Schnalzen der Lautirkunst

Zeigten sich die Affenkinder

Menschenkindern überlegen.

Ueber Unruh' nur beklagten

Sich der Affenschule Meister,

Denn es rissen diese edlen

Sprößlinge von den gewissen

Angewöhnungen der Rasse

Schwer sich los: von der, zum Beispiel,

Ueberall emporzuklettern.

Auch vergaßen sie zuweilen

Sich so weit, in langen Stunden

Ernsten Unterrichts einander

Abzufangen Ungeziefer,[172]

Machten auch wohl gar in tollem

Schwarm sich über den Erzieher

Her, um ihm den Kopf zu lausen. –

Als gebildet nun die Affen,

Machten Konkurrenz den Menschen

Sie auf jeglichem Gebiete.

Zu den schönen Künsten waren

Trefflich sie durch angebornes

Nachahmungstalent befähigt.

Ohne Gleichen – selbstverständlich –

Waren sie als Bühnenkünstler,

Unternahmen Gastspielreisen

Mit dem glänzendsten Erfolge.

Posse, Lustspiel, Operette,

Parodie – war ihr Gebiet.

Kabinets- und Meisterstücke

Drastischer und feinster Komik,

Wie man nie sie schaute, waren

Die Gesichter, die sie schnitten.

Weitberühmte Liedertafeln

Hatten sie – Brüllaffen waren

Die Solisten, und sie schlugen

Hie und da bei Preiswettsingen

Menschliche Gesangvereine.

Paviane, faunisch grinsend,

Bildeten sich aus zu Stutzern,

Eleganten Pflastertretern,

Gaben auch auf Bällen flotte[173]

Tänzer ab, und das galante

Wesen, das sie kecklich zeigten

Bei den Frauen, war zum Theile

Sehr nach dem Geschmack der Letztern.

Was die Affenfrauen anlangt,

Thaten sie den Menschenfrauen

Bald es gleich und bald zuvor auch

In der Kunst des Kokettirens.

Immer modisch sich zu kleiden,

Wer verstünde Solches besser

Als ein Affe? Sie verstanden

Sich mit Zierrat zu behängen,

Und mit Quasten, Bändern, Schleifen

Selber der partie honteuse

Ihrer Leiblichkeit, den Schwänzen,

Reizend-holden Schmuck zu leihen.

Selbstverständlich gab es Affen,

Welche literarisch thätig,

Affen, welche Bücher schrieben,

Rezensirten, redigirten.

Selbst an hohen Schulen lehrten

Sie, und Einer, Namens Krallfratz,

Bracht' es vom Privatdozenten

Zum Rector magnificus.

Immer tiefer sank der Mensch,

Immer höher stieg der Affe,

Hohe Stellen leicht erklimmend

Mit der Flinkheit seiner Rasse.[174]

Und er hatte auch im Wedeln,

Wo am Platze war das Wedeln,

Viel voraus als Langgeschwänzter.

So weit kam's zuletzt, daß mancher

Mensch, um Carrière zu machen,

Sich für einen Affen ausgab,

Ein sich schlich in Aemter, Würden,

Bis zuletzt heraus sich stellte,

Daß er von Geburt ein Mensch:

Wurde dann aus seiner Stellung

Meist gejagt mit Schimpf und Schande.

War's ein Wunder, daß den Menschen,

Welche noch auf sich was hielten,

Endlich überlief die Galle

Bei des Affenhochmuths Treiben?

Auch nicht zu verwundern war es,

Daß aus Neid die andern Thiere

In dem Wettstreit zwischen Menschen

Und dem Affenthum Partei

Für die Ersteren ergriffen.

Namentlich verhaßt den Hunden

Waren diese Parvenus,

Und den Katzen, edlen Thieren,

Ausgezeichnet stets durch Treue

Und durch echt erprobte Freundschaft

Für den Menschen. Wo sie konnten,

Schnappten Köter nach den Waden,

Wollte sagen nach den Beinen[175]

Edler Affen, und geputzten

Stolzen Affenfrauen wurde,

Wenn in Modetracht sie prunkten,

Auf dem Marktplatz, in den Gassen,

Von den Krallen böser Katzen

Arg zerfetzt die seid'ne Schleppe,

Ja, wenn sie's nicht wollten leiden,

Ueberdies zerkratzt das Antlitz.

Doch was half's? Die Affen dünkten,

Angelangt auf solcher Höhe,

Sich erhaben über Menschen.

Nicht zufrieden, daß mit diesen

Gleiches Recht sie nun genossen,

Strebten heimlich erst, dann offen

Sie den Vorrang anzumaßen

Ihrem eigenen Geschlechte.

Fragten, was der Mensch vor ihnen

Denn voraus zu haben glaube?

Etwa seine Hinterbacken?

Diese gönnten sie ihm gerne! –

In des Dünkels schnödem Ehrgeiz

Protestirten sie sehr lebhaft

Gegen den bekannten Lehrsatz,

Daß der Mensch vom Affen stamme.

Anfangs schienen sie geneigt noch,

Diesen Lehrsatz umzukehren.

Doch da kam ein Stammesbruder

Fern aus Indien, aus Benares,[176]

Wo sich göttergleich verehrte

Affenschaaren lärmend tummeln

In den Tempeln, um die Säulen,

Und mit Stolz heruntergrinsen

Auf die Frommen, die vor ihnen

Betend liegen auf den Knieen.

Einer dieser heil'gen Affen,

Der auf Reisen war gegangen,

Wünschte von der Stammesbrüder

Neuem Fortschrittsreich, von welchem

Bis nach Indien gedrungen

War der Ruf, genaue Kunde

Einzuzieh'n an Ort und Stelle.

Und empfangen ward mit hohen

Ehren dieser edle Fremdling,

Ward gefeiert mit Banketten,

Wo man sich erging in Reden,

Zahllos Toaste widerhallten.

Ein gelehrter Orangutang

Trat hervor mit einer Festschrift

Zu des hohen Gastes Ehren,

Und nachwies in dieser Schrift er,

Daß längst göttliche Verehrung

Vom Geschlecht der Menschenkinder

Dem Sylvanenvolk gebührte,

Auch gezollt ihm ward im grauen

Alterthum von den Aegyptern,

Arabern und Afrikanern.[177]

Aus den ind'schen Heldenliedern,

Uraltheil'gen, wies er nach,

Was von Hanuman sie melden,

Der mit seinen Affenschaaren,

Hohen Sinnes voll, zu Hilfe

Zog dem Sonnenhelden Rama,

Und der jetzt in Indertempeln

Glorreich thronet neben Wishnu.

Er erwähnte, wie vor Zeiten

Malabar'n und Ceylonesen

Zahlten siebenhunderttausend

Stück Dukaten für den einen

Heil'gen Zahn aus Affenmunde,

Den in Andacht sie verehrten,

Und der glaubenslosen Fremden

War gesallen in die Hände.

Er bewies nicht minder gründlich,

Daß selbst von den Griechen, Römern

Waren hochverehrt die Affen,

Hochverehrt als Waldgottheiten,

Als Sylvane, Faune, Satyrn,

Und daß Pan, der große Pan,

Nicht der Waldgottheiten größter

Bloß, nein, aller Götter größter,

Was sein Name schon bedeutet.

Facta solcher Art citirte

Noch zu Hunderten der Autor,

Und fuhr fort dann, zu beweisen,[178]

Daß anjetzo mehr als je

Dem Sylvanenvolk gebühre

Hohe göttliche Verehrung.

Und da es, wie klar ersichtlich,

Von den alten Göttern stamme,

Selber göttlich, sei es kecke,

Wind'ge Prahlerei der Menschen,

Wenn sie ihrerseits sich gleicher

Herkunft rühmten mit den Affen.

Stammten wirklich sie von diesen,

Wie sie jetzt so gerne sagten,

Könnten sie nur als entfernte

Und entartete, verkomm'ne

Sprossen gelten dieses edlen,

Dieses göttlichen Geschlechtes.

Ungeheuer war, Epoche

Machend, dieses Buches Wirkung

Und erregte eine Hochflut

Nationalen Selbstbewußtseins,

Patriotischer Begeist'rung

Im gesammten Volk der Affen.

Nannten fortan sich Sylvane,

Satyrn, Faune, Waldesgötter.

Für die Lande, wo sie herrschten,

Ward erneut der alte Name

Jenes alten, fabelhaften

Affenreichs »Lemuria«.

Unsern Ausdruck »bestialisch«,[179]

Den verbaten sich die Affen,

Nannten das, was wir so nennen,

Fortan »menschlich« und »human«.

Lange Zeit sah mit geheimem

Stolze Munkel auf die großen,

Auf die glänzenden Erfolge

Der von ihm in's Werk gesetzten

Bildung, von ihm angebahnten

Gleichberechtigung des äff'schen

Mit dem menschlichen Geschlechte.

Aber unter den Gelehrten

Menschlichen Geschlechts, die schnöd' sich

Sah'n verdrängt aus ihrer Stellung

Durch des Faunenvolkes Aufschwung,

War ein Mann auch, den wir kennen,

Dessen Hochverdienst wir schätzen.

Kein Gering'rer war's, als jener

Hohe Meister der Retorte,

Munkels chemischer Erzeuger!

Ja, verdrängt von seinem Lehrstuhl

War der Stoff- und Kraftgebieter,

War der Magier, Wunderthäter,

Und ersetzt durch einen eitlen

Affengecken – Doktor Krallfratz

War sein Name –, welcher auch schon,

Wie verlautete, als thät' er

Es zum Hohne seinem Vorfahr,

Sich vermaß, auf chem'schen Wege,[180]

Elemente bindend, lösend,

Einen Affen zu erzeugen,

Einen Simiunkel! – Grimmig

War der Haß, den der Verdrängte

Warf auf seinen Nebenbuhler;

Grimm'ger, den er warf auf Munkel,

Den er selbst erzeugt, und der nun

Den Erzeuger in's Verderben

Stürzte mit so vielen Andern

Durch des Affenthums Entfess'lung.

In Gedanken saß versunken

Eines Tages Munkel. Plötzlich

Vor ihm stand der greise Meister,

Stand der Kraft- und Stoffgebieter,

Stand vor ihm mit vorwurfsvollem,

Zornerglühtem Blick, vor welchem

Munkel niederschlug die Augen.

Und mit lautem, hartem Vorwurf

Anhub jetzt der würd'ge Alte:

»Hab' ein Wort mit dir zu reden,

Freund und Gönner du der Affen,

Ha! von welchen wahrlich du nicht

Stammst, Gebilde meiner Hände!

Ja, Gebilde meiner Hände!

Wen'ger als mein Sklave bist du!

Bist mein Machwerk – folglich bist du

Auch mein Eigen – meine Sache!

Kann verschenken dich, verschachern,[181]

Kann in Käfig oder Bude

Zeigen dich für Geld auf Märkten,

Oder in den Schrank dich werfen,

Zu den andern Präparaten;

Kann in Spiritus dich setzen,

Stellen dich wie ein Skelett

In den Winkel meiner Stube!

Dich vernichten kann ich straflos,

Wenn es mir beliebt, so wie ich

Dich erschuf! Nicht ein natürlich

Menschenkind wie Andre bist du,

Und deshalb auch unter'm Schutz nicht

Menschlicher Gesetze stehst du.

In den Tiegel, wenn's beliebt mir,

Werf' ich dich zum dritten Male,

Peitsche dich durch hundert todter

Stoffe Bindung, Lösung: gebe

Dich zurück dem Born der Stoffwelt

Noch einmal, und rastlos treiben

In dem Wirbel der Atome

Magst du maniges Jahrtausend,

Bis der Zufall dich zusammen

Wieder fegt zum Lebewesen!

Her zu mir! folgst du nicht willig,

Thu' ich kund, was, zu gefällig,

Ich bisher verschwieg, und ford're

Dich zurück von den Gerichten

Als mein Eigen, meine Sache!« –[182]

Im Gesichte Munkels kämpften

Bei dem »Her zu mir!« des Greises

Alle Farben: ein Erröthen,

Ein Ergilben, ein Ergrünen

War's, bis all' die farb'gen Schatten

Optisch-regelrecht verschmolzen

In ein kreideweiß Erblassen.

Doch zuletzt sich neu ermannend,

Nach gedankenvoller Pause

Muthiger das Haupt erhebend

Und mit scharfem Blicke messend

Seinen grollenden Erzeuger,

Sprach er dumpf, gemess'nen Tones:

»Hast du Kunde nicht vernommen

Von Mohammed, dem Profeten,

Weshalb er in Thon, in Farben

Nachzubilden Menschenwesen

Streng verboten seinem Volke?

Weil die Statuen, die Bilder,

Lehrt' er, von dem Mann, der frevelnd

Nachgeäfft die schöpferische

Gottesurkraft, Menschen formend,

Vampyrgleich, gespenstig, plötzlich

Vor ihn treten, eine Seele

Von ihm heischend – eine Seele,

Und da er, der Stümper, ihnen

Diese nicht vermag zu geben,

In geheimnißvoller Art sich[183]

An ihm rächen, Unheil bringend,

Und ihn ins Verderben stürzend! –

So verachte denn auch du nicht

Dein Geschöpf, o weiser Meister!

Denn es könnte, sich ermannend,

Ueber's Haupt dir wachsend, heischen,

Was du nicht vermagst zu geben.

Könnte Rache an dir nehmen,

Statt gehofften Dank zu zollen,

Könnte dir auch Unheil bringen!

Besser mag's darob uns ziemen,

Daß wir uns die Hände reichen,

Besser, daß wir Frieden schließen

Und den alten Bund erneuern!« –

Nicht ganz wirkungslos verhallten

In des greisen Hörers Ohren

Des Homunkels dumpfe Worte.

Schweigend schlug er ein, als Munkel,

So die Friedenshand ihm reichend,

Bat, das Schweigen zu bewahren,

Das mit blanken Rollen Goldes

Vorlängst er von ihm erkaufte.

War bekannt auch, daß geschaffen

Der gelehrte Tausendkünstler

Einen lebenden Homunkel,

Niemand wußte, niemand ahnte,

Wer er sei und wo er weile,

Dieser lebende Homunkel.[184]

Zu bewahren dieses Schweigen

Fernerhin so wie bisher auch,

Bat nun Munkel den Erzeuger,

Und dafür mit feierlichem

Schwur gelobt' er, kühn entgegen

Fortan sich mit allen Kräften

Aeff'schem Uebermuth zu stellen.

Bald nachher bei einem großen

Satyrfestmahl wurden Reden,

Unverschämt und feind den Menschen,

Wie sie üblich nun, gehalten.

Mit geheucheltem Bedauern

Aeußerte sich ein Gorilla,

Daß der Niedergang des Menschen

Unleugbar – und auch nicht minder

Unaufhaltsam: sei in manchen

Gegenden er doch verdummt schon

Völlig und verthiert und friste

Nur als Hausthier noch sein Leben

In bemittelten Familien

Edler Faune. Als Beweis dann

Unverdienten, selbstlos-milden

Sinns von Seiten der Sylvane

Gegen dieses undankbare

Menschliche Geschlecht erwähnt' er,

Daß gebildet in den höher'n

Faunenkreisen jüngst ein großer

»Philanthropischer Verein« sich,[185]

In Betracht zu zieh'n, mit welchen

Mitteln wieder aufzuhelfen

Dem gesunkenen Geschlechte,

Und es wieder zuzuführen

Einer höhern Bildungsstufe.

Von den Meisten ward verfochten,

Schuld an dem Verfall der Menschheit

Sei die Fleischkost. Denn die Affen,

Seit so mächtig sie geworden,

Meinten, weil sie selbst, als Affen,

An die Pflanzenkost sich hielten,

Sollten auch die andern Thiere,

Menschen, Löwen, Adler, Fische,

Lurche, Würmer und Insekten

Sich's versagen, Fleisch zu essen.

Kurzweg ward gestellt der Antrag,

Daß man alle Thiergeschlechter,

Und zumal den Menschen, zwinge,

Auch in diesem Punkt dem edler'n

Brauch, dem reineren Gesetz sich

Des Sylvanenthums zu fügen.

Diesen höhnisch dreisten Neu'rern

Trat entgegen Munkel; schüchtern

Wagt' er es, in wohlgesetzter,

Läng'rer Rede zu betonen

Unmaßgeblich Dies und Jenes,

Und die Freunde, die so Vieles,

Die schier Alles ihm verdankten,[186]

Zur Bescheidenheit zu mahnen.

Ob des wohlgemeinten Zuspruchs

Zürnten ihm die Uebermüth'gen;

Und die ihn zuvor gepriesen

Als des Satyrvolks Prometheus,

Schalten jetzt ihn Ignoranten,

Tropf und Schwachkopf. Was er wolle?

Sei er doch am Ende selber

Nur ein Mensch – noch lang' kein Affe!

Mehr noch. Man begann zu munkeln

Allgemach schon, daß der große,

Stolze Munkel – ein Homunkel;

Daß ihn nicht der »Storch« gebracht,

Daß er – wie so mancher And're –

Nicht der Sohn sei seines Vaters.

And're endlich sprachen gar ihm

Die organische Natur ab

Und erklärten ihn für einen

Ganz gemeinen Automaten.

Diese Letzter'n, von frivoler

Neugier aufgestachelt, machten

Frech und boshaft einen Anschlag,

Ihn in Stücke zu zerlegen:

Wollten so gemach sein inn'res

Trieb- und Räderwerk studiren

Und es dann als alt Gerümpel

Werfen auf den Kehrichthaufen –

Während Jene, die ihn gelten[187]

Ließen doch als Organismus,

Als gelungenen Homunkel,

Sich damit begnügen wollten,

Auf der anatom'schen hohen

Schule ihn vivisektorisch

Zu behandeln, dann als Mumie

Seinen Leichnam zu verwahren

In dem städtischen Museum,

Für die Nachwelt zur Belehrung.

Solcher Undank ist der Welt Lohn!

Mit genauer Noth entzog sich

Diesen tück'schen Plänen Munkel

Durch die Flucht.

Auch von den Menschen

Sah er jetzt sich angefeindet

Mit Erbitt'rung. Sein Bemühen,

Einst als genial gepriesen,

Dess' Gelingen ihn zum Heros

Aller Zeiten schien zu machen:

Zu vermenschlichen den Affen –

Dieses selbe kühne Wagniß

Ward geschmäht nun als mißlungen

Vom erboßten Menschenvolke;

Als mißlungen, ja, so schmählich,

Wie es stets mißlingen müsse,

Wenn der Meister ein Homunkel.

Zwar gebildet, hieß es, seien

Nun die Affen, doch sie seien[188]

Immer Affen doch geblieben:

Und dies gelte sowohl physisch

Als moralisch: denn sie hätten

Kein Gemüth, und was ihr Aeuß'res

Anbelangt, trotz aller Bildung

Sei ihr fratzenhaftes Antlitz

Schöner um kein Haar geworden.

Boshaft, tückisch sei der Affe,

Wie er es nur je gewesen;

Ja, die thier'schen Eigenarten

Seiner Rasse fielen jetzo

Mehr in's Aug' als je, bewährend

Jenes altbekannte Sprüchlein,

Daß, je höher steigt der Affe,

Um so besser man gewahr wird

Seine schwielenreiche, nackte,

Widerwärt'ge Hinterseite.

Weise und erfahrne Männer

Sagten, still die Köpfe schüttelnd,

Affenthum, summirt mit Bildung

Und mit Wissen, gebe lange

Noch kein echtes Menschenthum.

Auf dergleichen neid-entspross'ne,

Ehrenrührige Sarkasmen,

Hatten Hanumans, des großen

Affen, Enkel keine Antwort,

Als ein würdevolles Grinsen.

Ach, der arme Munkel hatte[189]

Mit dem großen Ungemache,

Das so schlecht den Kampf ihm lohnte

Für der Thierwelt höher'n Aufschwung,

Noch das klein're zu verwinden,

Das ihn traf im engsten Kreise.

Auch bei Eldo, Dora blühten

Keine Rosen dem Erzieher.

Mit des Wissens feinstem Manna

Wurden sie genährt – gefegt ward

Aller Wahn aus ihren Seelen,

Alle Phantasie'n, Gefühle,

Schwärmerei'n der Kindheit wurden.

Ausgetilgt schon in der Wiege

Bei den zarten Menschenknospen:

Doch vergebens; denn die Art,

Die Natur, die angestammte,

Dieses Knaben, dieses Mägdleins,

Widerstrebte dem Bemühen,

Und es war das Endergebniß

Nicht im Sinn und Geiste Munkels.

Voll Natürlichkeit und Einfalt

Blieben beide, naiv-unschuldig,

Blieben schüchtern stets und blöde,

Waren frühreif nicht, noch altklug;

Thaufrisch blühte Dora, niemals

Litt an Bleichsucht, Hysterie sie;

Unverschämt gesund war Eldo.

Und sie liebten sich so zärtlich![190]

Liebten sich, wie Kinder lieben!

Munkel zürnte – trug's nicht länger,

Stieß das unverbesserliche,

Blöde Paar aus seinem Hause.

Ackerbauern übergeben

Wurden sie in fremder Gegend –

Ach, getrennt, zu ihrem Leide! –

Fortan selbst auch hinter'm Pfluge,

Hinter einer Lämmerherde,

Hinter Webstuhl oder Spindel

Ihren Unterhalt zu suchen.

Aber auch das Volk der Faune

War nicht glücklich stets in weitaus-

Sehenden Erziehungsplänen.

Sie bedünken wollt' es schließlich,

Als ob eins nur ihnen fehle

Noch, den stolzen Sieg zu krönen

Ueber alle Erdenkinder:

Flügel wünschten sie zu haben!

Flügel, um sich aufzuschwingen

Kühn, wie sonnentrunk'ne Adler,

Ueber dieses an die Scholle

Festgebannte, auf zwei Beinen

Torkelnde Geschlecht der Menschen.

Da kam Munkel's genialem

Nebenbuhler, jenem Krallfratz,

Der Gedanke, seiner würdig:

Eine höhere, beschwingte[191]

Faunenspezies zu züchten.

Und indem er einen Eh'bund

Zwischen einem Orangutang

Schloß und einem Drachenweibchen,

Ward erzielt aus solcher Ehe

In der That ein Flügeläffchen,

Welches vorderhand, als Säugling,

Drollig und possierlich aussah.

Füße, Hände wie sein Vater

Hatt' es, Flügel wie die Mutter,

War verseh'n mit einem schönen,

Langen, schupp'gen Drachenschwänzchen!

Welch' ein Jubel in Lemurien!

Die gediegensten Erzieher,

Die gelehrtesten, die klügsten

Lehrer wurden aufgeboten,

Den geflügelten Sylvanen,

Seines Volkes Stolz und Hoffnung,

Zu der Bildung Meisterstück,

Der Gesittung höchstem Wunder

Zweifellos heranzubilden.

Aber ach, der Satyrsprößling,

Der aus eines Flügeldrachens

Mutterschoß an's Licht geborne,

Er erwies sich, trotz der Schwingen,

Alsbald als ein seltsam-tolles,

Unzähmbares Lebewesen,

Und das droll'ge Flügeläffchen[192]

Wuchs heran zum ungeschlachten

Ungethüm, in dem verschwistert

Unheilvoll dem Faunenwesen

Schien die tückische, die wilde,

Feurige Natur des Drachen.

Seine Lehrer und Erzieher

Biß er wüthend in die Kehlen,

Oder peitschte ihre Schläfe

Mit dem schupp'gen Drachenschwanze.

Jeder Züchtigung entzog er

Leicht sich auf den starken Schwingen.

Und nicht minder blöd' als boshaft

War er – ein Kretin der Thierwelt!

Gut gelaunt, als Affe, schlug er

Purzelbäume, äffte täppisch

Nach, was thun er sah die Andern;

Doch im Zorn, als Drache, spie er

Flammen – glühend heiße Tropfen

Seines gift'gen Geifers stoben

Um den Rachen ihm wie Funken

Um den Amboß ...

Seltsam war es

Anzuseh'n, schier grausig-drollig,

Wenn vom Boden das beschwingte

Affenungeheuer plötzlich

Sich erhob und mit dem langen

Drachenhängeschwanz umherflog,

Dann auf einem hohen Wipfel[193]

Oder eines Thurmes Spitze

Taglang saß, die Zähne fletschend.

Keine Bosheit war ihm fremd,

Keine Unnatur und Unzucht.

Bitt'res Herzeleid empfanden

Drob die Faune. Dr. Krallfratz

Schämte sich in tiefster Seele,

Flocht sich eine hänf'ne Geißel,

Den Mißrathenen zu bessern.

Dieser aber faßte grinsend

Den Gelehrten, riß mit sich ihn

In die Lüfte, ließ ihn fallen –

Und im nächsten Augenblicke

Fand man unter einem Felsgrat

Mit zerschelltem Haupt und Gliedern

Diesen Darwin, diesen Haeckel,

Diesen Büchner – doch was sag' ich?

Diesen Faust des Affenvolkes!

Hell aufloderte die Zornwuth

Gegen jenen unglücksel'gen

Mischling, das beschwingte Scheusal,

Das entsproßt aus Affensamen

War und Drachenblut. Die Hoffnung

Vordem und der Stolz Lemuriens,

Als ein Auswürfling betrachtet

Ward er nun; man wollt' ihn tödten,

Warf mit Steinen ihn, mit Prügeln,

Wenn er wiederkam zur Erde,[194]

Und verfolgte selbst ins Luftreich

Ihn mit Pfeilen, Flintenkugeln.

Doch der Mischling, er verlief sich,

Er verflog sich in die tiefste

Bergwaldwildniß, die kein Mensch,

Die kein Waldgott noch betreten;

Hauste da bei alten Drachen,

Seinen Tanten, im Geklüfte.

Edleren Ersatz zu bieten

Schien dem Faunenreich das Schicksal.

Ein'ge Blößen anfangs hatte

Unter seinen fortgeschritt'nen

Bildungsreichen Stammgenossen

Sich gegeben der verehrte

Heil'ge Affe aus Benares.

Aber bald, zum Staunen Aller,

Uebertraf er, flugs nachholend,

Was ihm erst gebrach an Bildung

Und an hoher Weisheit Alle.

War doch Indien seine Heimat,

Und man merkte, daß aus heil'gen

Gangesfluten er getrunken,

Daß genährt er mit dem Mark sich

Von den Früchten heil'ger Haine.

Angespornt vom Heldenthume

Seiner Ahnen, das zu würd'gen

Er gelernt nun erst in Wahrheit,

Rief er auf zu großen Thaten[195]

Seine Brüder – einen Kreuzzug

Predigend, um zu befest'gen

Allenthalben seines Stammes

Herrschaft auf den letzten Trümmern

Des verhaßten Menschenthumes.

Nicht zurück mehr wollt' er kehren

Nach des heil'gen Ganges Ufern,

Wo in träger heil'ger Muße

Dumpfen Sinns, obzwar behaglich,

Er genossen Götterehren.

Kämpfen wollt' er nun und wirken!

Den Entschluß mit Jubel grüßten

Seine Brüder; auf den Schild ihn

Hoben sie als Oberfeldherrn

Des gesammten Reichs Lemurien,

Und in stürmischer Bewegung

Reihten sich um ihn die Scharen.

Sie erwählten für ihr Banner

Heines »Affensteißcouleuren« –

Und eröffneten den Feldzug,

Zum Heloten ganz zu machen

Den verachteten Rivalen,

Und sich selbst zu Herr'n der Erde,

Welchen göttliche Verehrung

Wieder wie in alten Zeiten

Würd' erwiesen von den Völkern.

Und des Affen angestammte

Kriegestüchtigkeit im Bunde[196]

Mit dem neu erworb'nen Wissen,

Bald erprobte sie sich glänzend.

Diese Bursche, sie marschirten,

Exerzirten, manövrirten

Wie die Teufel. Doch vor Allem

Affenmäßig flinkes Wesen

War, nicht Hexerei, die Kriegskunst,

Die von Sieg zu Sieg sie führte.

Leicht erkletterten die Mauern

Diese stürmenden Sylvane,

Und zum Kampfgefild erwählten

Sie am liebsten Waldgebiete,

Wo sie in der Bäume Kronen

Wunderschnell zurück sich zogen

Und den Feind mit einem Hagel

Von Geschossen überhäuften.

Ihre Wachen, ihre Späher

Hingen mit den Wickelschwänzen

Auf der Bäume höchsten Aesten,

Auf der Thürme höchsten Zinnen,

Kündeten mit grellem Aufschrei

Jegliche Gefahr von weitem.

Ausgezeichnet durch die technisch-

Mathematische Erziehung

Und durch die ererbte Kunst,

Umzugeh'n mit Wurfgeschossen,

Thaten auch als Artill'risten

Sie in off'ner Feldschlacht Wunder.[197]

Doch das Schönste war der Anblick

Ihrer Reiterregimenter:

Da der Rosse sie entbehrten,

Ritt ein Satyr auf dem andern,

Und ein dritter auf dem zweiten.

Vor den Gardegrenadieren,

Zähnefletschenden Gorillas,

Nahmen Reißaus flugs die Menschen.

Kurz – die Faune triumphirten

In dem Land, wo die Kultur sie

Schlangen gleich genährt am Busen.

»König Langhand hoch der Erste!«

Scholl es nun durch ganz Lemurien,

Und aufs Haupt gedrückt dem Feldherrn,

Dem erprobten Schlachtenlenker,

Ward des Faunenreiches Krone.

Als verrauscht der Krönungsjubel,

Ausgeruht die tapfern Scharen,

Zog ins Feld zu neuen Kämpfen

Mit den Seinen König Langhand.

Und von Land zu Land gefesselt

Blieb der Sieg an seine Fahnen.

Schließlich galt's noch einen weiten

Länderstrich zu unterwerfen,

Der bewohnt von Indianern.

Diese rohen Völkerstämme

Konnten wohl in regelrechter

Kriegesführung sich nicht messen[198]

Mit civilisirten Streitern.

Doch sie kannten die Sylvane,

Schier wie Brüder, aus den Wäldern,

Wo mit ihnen sonst verkehrt sie,

Waren wohlvertraut mit ihren

Sinnesarten und Instinkten,

Seltsamkeiten und Manieren.

Ungebildete Geschöpfe,

Wie sie waren, diese Wilden,

Hatten sie sehr wenig Achtung

Vor der Bildung, vor dem Wissen,

Dünkten sich auf alle Fälle

Noch den Affen überlegen,

Ueberlegen an Verstand

Und an Mutterwitz als Menschen.

Zuversichtlich so ersannen

Eine Kriegslist sie, die leider

Zu des edlen Satyrvolkes

Großem Schaden sich bewährte.

Tag für Tag abfingen schwärmend,

Lauernd, mit verweg'ner List sie

Sämmtliche Proviantvorräthe,

Bis im Faunenlager einriß

Eine Hungersnoth voll Grausens;

Und dann plötzlich überfielen

Stürmend sie das Faunenlager;

Schrecklich war das Schlachtgeheul.

Aber vorbereitet trafen[199]

Sie die Gegner. König Langhand

Hatte mit dem Generalstab

Seiner besten Feldgelehrten

Ausgegrübelt einen Schlachtplan,

Der gebaut war auf strategisch-

Taktisch-technisch-planimetrisch-

Hygrostatisch-hypsometrisch-

Akrobatische Prinzipien.

Während nun die schnell in Ordnung

Aufgestellte Satyrvorhut

Donnernde Kanonensalven

Abgab in die Reih'n der Wilden –

König Langhand selbst entrollte

Das Panier des Faunenreiches –

Schleuderten und rollten Jene

Riesenkörbe, vollgefüllte,

In die Reih'n der Waldgottheiten ...

Starr und ehern stand die Phalanx

Uns'rer neuen Herr'n der Erde –

Nur in den Gesichtern zuckt' es

Mit entsetzlichen Grimassen –

Einen Augenblick so standen

Unbeweglich sie ... doch plötzlich

Lösten sich der Waldgottheiten

Reih'n in greulicher Verwirrung:

Und sie warfen hin die Flinten,

Warfen hin die stolzen Fahnen,

Ließen ab von den Laffetten,[200]

Liefen, wüthend einzubeißen –

Mitten darunter König Langhand –

In den weitumher verstreuten

Inhalt jener Riesenkörbe;

Balgten grinsend, zähnefletschend,

Sich um Mandeln, Datteln, Feigen,

Ananasse, Kokosnüsse.

Aber alle diese Früchte

Waren arg versetzt mit Giften,

Scharfen Säften, Koloquinthen;

Und indeß die Waldesgötter

Heulend sich vor Leibweh krümmten,

Stürzten die verthierten Wilden

Ueber sie sich her mit Stöcken,

Schlugen todt sie unbarmherzig ...

König Langhand einzig wurde

Nicht getödtet, nur gefangen

Und für schnödes Geld verhandelt

An den wandernden Besitzer

Einer großen Thierschaubude.

Dieser ließ vor Menschenpöbel

Künste machen den Gefall'nen.

Was Verstand war, hohe Bildung,

Wurde von der Gaffer blödem

Schwarme für Dressur genommen

Und entweiht durch Beifallsgrinsen.

Tief empfand der Schicksalswendung

Schmach der Held im tiefsten Innern.[201]

Schwermuthsvoll am Schwanze nagend,

Wie gefang'ne Faune pflegen,

Dacht' er oft der Zeit, wo er noch

Nichts war als ein wohlgenährter

Heil'ger Affe zu Benares.

Und noch lieber sich versenkt' er

In Erinn'rungen der früh'sten

Muntern Affenkindheit, wo er

Nichts war als ein Affe schlechtweg.

Doch dann faßt er stolz sich wieder

Und gelobt, ob auch gerathen

In's Verderben durch die Bildung,

Mannhaft doch, da er nun einmal

Sich zu höherm Sein erschwungen

Durch die Bildung, Werth und Würde

Einst'ger Größe zu behaupten,

Und verhängter Schmach entfliehend,

Hochgemuth den Tod zu suchen.

Und von Stund' an keine Speise

Mehr berührt' er, trotzte schweigend

Selbst den Drohungen und Prügeln

Seines mitleidslosen Zwingherrn.

Eines Morgens fand ihn dieser

Regungslos im Käfig sitzend,

Grinsend, mit verglasten Augen,

Aber würdevoll. Gedenkend,

Was mit ihm nun ging zu Grabe,

Hatt' er es verschmäht, auf Vieren[202]

Hingestreckt zu ruh'n im Sterben,

Wie ein and'res Waldgethier.

Und so saß er todt und aufrecht,

Wie der Kaiser Karol sitzt

In der Kaisergruft zu Aachen.[203]

Quelle:
Hamerling, Robert: Homunculus. Modernes Epos in 10 Gesängen, 5. Auflage, Hamburg 1889, S. 169-204.
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