Hochgeehrter Leser

[3] Es haben die Poeten ihre liebreichste Kunstgedanken durch lustige Schäfergedichte an- und ausgebildet/wie solches Theocritus/ Virgilius/ Ronsard/ Tasso/Vega/ Sidney (aus dessen Arcadien diese Schäfer ihre Namen entlehnet) Opitz/ Flemming/ Caesius/ hin- und wieder in ihren Schrifften/ bezeugen. Solches hat ihnen vielleicht darüm beliebet/ weil das Sorgenlose Hirtenleben ein uhralter/ nohtwendiger/ unschuldiger/und dem höchsten GOTT wolgefälliger Stand ist: Massen mit selbem der Geist- und Weltliche verglichen wird.

Man möchte hierbey einwenden/ daß die Schäfer dergleichen Unterredungen nicht führen/ ja solche zu verstehen nicht fähig weren: Hierauf wird geantwortet/ daß bey Beschreibung ihrer Bäurischen Gespräche unnd groben Sitten/ mehr Verdrus als Belustigung zu befahren: und diese Schäfer durch die Schafe ihre Bücher/ durch derselben Wolle ihre Gedichte/ durch die Hunde ihre von wichtigen Studieren müssige Stunden bemerket haben: Welches sie dem Leser Eingangs anzumelden nicht ümgehen sollen.

Mesnardiere en sa Poetique f. 310. si on examine les sentiments genereux, les gentilesses d'esprit & les conceptions sublimes que le Tasse & le, Guarini attribuent à leurs Bergers, ils n'ont rien de rustique, si ce n'est le nom & l'habit.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer / Sigmund von Birken/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht. Tübingen 1966, S. 3-4.
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Pegnesisches Schäfergedicht
Pegnesisches Schäfergedicht: 1644 - 1645 (Deutsche Neudrucke / Reihe Barock)
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