(CXX.)

Die Entheiligung deß Sontags.

[416] Unter allen Geboten Gottes ist keines das mit dem NB. Gedenk- oder Merkzeichen gesondert ist / als das Dritte: Gedenk / sagt Gott / deß Sabbaths / daß Du ihn heiligest / (4. Mos. 15. v. 52.) und ist der Ubertretter solches Gebots / welcher nur einmahl / und sonders zweiffel zu seiner Nothturfft Holtz aufgelesen an dem Sabbath / aus Gottes Befehl zu Tode gesteiniget worden. Wir halten darfür den Sontag / und zwar nicht Jüdisch / daß wir nach Anhörung Gottes Wort die Werke der Liebe / als Almosen geben / Kranke und Gefangene zu besuchen etc. oder Werke der Noht / als mässig essen / trinken / Brief lesen etc. unterlassen solten. Ausser diesem aber halten wir für Sünde /gewinnsichtiger Handarbeit / oder unziemlichen Freudenfesten abzuwarten / welches Gott jederzeit ernstlich bestraffet hat / wie wir hievon etliche Beyspiele einfügen wollen.

2. Im Jahr nach unsers Erlösers Geburt 1382. den 13. Jenner / ist zu Londen in Engeland an einem Sontag / als das Volck in grosser Andacht der Bärenhätze zugesehen / das Gerüst eingebrochen / daß 8. Personen üm das Leben kommen / und unzählich[416] viel verletzet und gequetschet worden. Dergleichen hat sich auch 1638. auf der Fechtschul an einem Sontag zu Nůrnberg begeben / daß ihrer viel erdruckt und beschädiget worden.

3. 1559. Zu Kindstat in Franken / hat eine Spinnerin die Sontag über zu spinnen pflegen / und auch ihre Mägde darzu gezwungen. Einsten dauchte sie mit einander / es gienge Feuer aus ihren Spinnrocken / thäte ihn aber kein Leid. Den folgenden Sontag kam das Feuer warhafftig in den Rocken / wurde aber bald wieder geleschet. Weil sie nun dessen nicht geachtet /gienge den dritten Sontag das gantze Hauß von Flachs an / und verbrannte sie mit ihren zweyen Kindern / aber durch sonderbare Gnade Gottes wurde ein kleines Kind in der Wiegen erhalten / daß ihme kein Leid geschahe.

4. Starfort in Engeland ist zweymal in einem Jahr: und allezeit auf einen Sontag abgebrant / weil man daselbsten den Sontag pflegte zu entheiligen / und das Wort Gottes zu verachten. Zu Revorten in einer andern Statt / in der Grafschafft Devons gelegen / haben sie jährlich ihren Jahrmark an dem Sontag angefangen / mit grosser Entheiligung desselben / welches ihnen ein getreuer Kirchen-Diener offt verwiesen / und Gottes Straffe angedrauet. Nicht lang nach desselben Tod 1598. den 3. April schickte Gott ein Feuer dahin /welches 400. Wohnungen fast in einer halben Stunden hinweg genommen / daß nichts stehen blieben /als das Rahthaus / die Kirchen / der Spital / und etliche kleine Häußlein. In dieser Brunst sind über 50. Personen jämmerlich geblieben / und viel / so leschen wollen / beschädiget worden. Vierzehen Jahre hernach 1612. den 5. Augusti / ist eben diese Statt nochmals abgebrand / weil die Inwohner mit ihrem Schaden nicht klug werden wollen / und die Heiligung deß Sontags ferners verlaistet.

5. Einem Bauersmann der in die Mühl zu gehen /und an dem Sontag zu mahlen pflegte / ist sein Getreid zu Aschen worden. Einem andern der Korn[417] am Sontag in die Mühl trug / ist seine Scheure mit Korn dieselbe abgebrunnen. Discip. de Tempore. Einem Bauren der am Sontag pflügen wollen / und ein Eisen / das Pflugschar rein zu machē ergriffen / ist solches Eisen an seiner Hand angewachsen daß er es mit grossen schmertzen zwey Jahr also tragen müssen / da er nach vieler brünstigen Gebet / von dieser Plag wieder erlediget worden. Greg. Thuronens. tom. 2. de admiranda vindicta.

6. Wann wir ümfragen / warumb Gott bißhero so viel schwere Landstraffen über uns verhengt habe? wird die Antwort fallen / daß solches unter andern Ursachen / auch wegen Entheiligung deß Sabbaths beschehen: weil kein Tag in der gantzen Wochen / an welchem mehr Sünden begangen werden / als eben an diesem Tag deß HErrn / welchen der böse Feind gleichsam zu seinem Tag gemacht / und die Leute beredet / es sey genug / daß man ein Stůndlein in die Kirchen gehe / und ein kaltes Vater unser in eine warme Hauben bete: die übrige Zeit möge man mit Essen / Trinken / Spielen / unnützen Geschwätze /etc. zubringen wie man wolle. Es meldet aber Gott nicht von einer oder zweyen Stunden die man heiligen sol: sondern von dem gantzen Tag / und werden wir durch die Predigt und das liebe Gebet / als das vornemste Sontagswerk / mehr geheiliget / als der Tag durch uns / wie wir in der Vorrede unsrer Sontags Andachten umständig geredet haben / und sonderlich angeführet die nachdenkliche Wort unsers Kirchen-Vaters.

Du solt heiligen den siebenden Tag /

daß du und dein Hauß ruhen mag.

Du solt von deim thun lassen ab /

daß Gott sein Werk in dir hab.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 416-418.
Lizenz:
Kategorien: