(CXXI.)

Der gerochne Ehbruch.

[418] Wiewol alle Gebott GOttes sehr sträflich und eine Todtsünde würken / so ist doch in der andern[418] Tafel das sechste von dem Ehebruch und Hurerey fast das aller verdamlichste / in dem man wieder deß Nechsten unwiederbringliche Ehre / wieder seinen guten Namen / und Nachkommen / zuforderst aber wieder Gottes ernstliches Gebot / dessen Verbrecher Er mit der Steinigung zu straffen befohlen / sůndiget. Es bleibet auch selten die zeitliche Straffe aus / welche ein böses Gewissen stündlich zu fůrchten hat / wie dessen ein Exempel nach gesetzte Geschichte seyn kan.

2. In einer berühmten Statt an dem Donaustrom hielte sich ein reicher Herr / mit seiner Gemahlin /welcher Schönheit eine abscheuliche Tochter / nemlich unziemliche und ehbrecherische Begierde erzeuget. Die Kinder der Finsternis sind klüger / als die Kinder deß Liechts in ihrem Geschlechte / und ist »Frauen und Jungfrauen hüten eine vergebene Arbeit /massen es entweder nicht hilfft / oder unvonnöhten ist.«

3. Besagter Herr / welchen wir Rachold nennen wollen / war bey schwachen Jahren / Bellina aber seine Gemahlin noch frisch und jung / daß er also Ursach hatte mit ihr zu eifern / und sich wegen eines Helffers zu besorgen. Zu dem sahe er einen Jůngling üm das Haus spatziren / der ihm sehr verdächtig /weil er seine Fenster offt betrachtete / und allem Ansehen nach / Hörner zu verkauffen hatte. Weil aber sein Wahn nicht versichert / musste er stillschweigen / und seiner Gemahlin verhalten außkundschafften /damit er ihr auch nicht unrecht thun / und ohne satsamen Beweiß verfahren möchte.

4. Diesen seinen Verdacht verdraute er seinem Hofmeister / mit Bitt ihm zu Eröffnung der Warheit beförderlich zu seyn / welches er auch versprochen. Als sie nun vermeinen der Ehebrecher möchte in dem Hauß seyn / weil man ihn auf der Gassen stehen sehen und plötzlich verlohren / befihlt der Herr / er solte für der Kammerthür die Nacht ůber liegen bleiben / und weil das Zimmer sonsten keinen Außgang hatte / hoffte er seine Ehebrecherin zu ertappen / und gebührlich abzustraffen.[419]

5. Bellina gabe ihrem Herrn und allen seinen Dienern einen starken Schlafftrunk / daß sie aus dem Bett / ůber den für der Thür liegenden Hofmeister unvermerkt gestiegen / ihr Angelegenheit mit dem Jüngling verrichtet / und sich alsdann wieder zu ihrem Herrn in das Bett gefunden / wie solches lang hernach eine alte Kammermagd außgesagt.

6. Nach dem sie nun das Sündenmaß erfüllet / und die Straffzeit verhanden / fügte sich / daß der Jüngling in ihrem Zimmer verborgen / von dem Hofmeister verrahten wird. Der Herr / so bald er solches höret /laufft er ergrimmt hinein / und sihet niemand als seine Gemahlin: deßwegen kehret er wieder zu rucke / und bespricht den Hofmeister / ob dem Angeben. Der Hofmeister bejahet es / sagend daß er verborgen /oder zu dem Fenster hinaus můsse gesprungen seyn.

7. Hierauf gehet der Herr in das Zimmer und fühlet mit der Hand / ob niemand hinter den Tapezereyen verborgen. Als er nun an das Ort kam / wo der Jüngling verborgen war / und ihn ergriffen / stösset er ihn seinen Dolchen durch die Tapeten in den Leib / und eilet solche That Kaiserl. Majest. anzumelden / welche ihn allergnädigst angehöret / und seine geübte Rache für unstraffbar erkennet haben sol.

8. Wie hefftig Bellina erschrocken / als sie ihren Liebsten todt zu der Erden sinken sehen / (weil ihm das Hertz getroffen worden / daß er kein Wort mehr gesprochen) ist leichtlich zuerachten. Sie hat nach wenigen Bedacht sich auf die Flucht gemachet / und ist endlich von ihrem Herrn gerichtlich geschieden / mit grosser Gewissensrug: und beharrlicher Traurigkeit /an der Schwindsucht gestorben.

9. In nicht gleich geparter Eh'

hört man endlich Reu und Weh.

Wer auch solche Bindnis bricht

wird mit flehen unversehen /

müssen stehen für Gericht.

Heurat dich zu deines gleichen /

sol das Glück nicht von dir weichen.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 418-420.
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