(CLXII.)
Die Würmer.

[235] Ohn grosses Nachsinnen wird der Leser leichtlich mercken / daß vorgesetzte Rähtsel von einem Regenwurm redet / der die Blumenzwiffel naget / einem runden Strick gleichet / von dem Schlamm oder fetten Felder erzeuget wird / und wann man ihn gleich zerstucket / wachsen doch die Theile wider zusammen / wann sie nur einander berühren können. Wie man diese Würmer fangen soll / lehret Ferrarius in seiner Flora. Man könte sie fast vergleichen mit jenes Aufschneiders Indianischen Kirschen / welche 1000. Schuhe lang / und einen Schuhe breit gewesen seyn soll. Hier wollen wir aber nit von der Erden / sondern von der Menschen Würmern reden.

2. Lorentz eines Fleischers oder Metzkers Sohn zu Nantes / seines Alters in dem siebenden Jahre / ist drey Tage für Tod gelegen / und hat nichts zu sich genommen / als ein gesottenes Gerstenwasser / mit Zucker und Weinessig vermischet. Den vierten Tag gab man ihm ein Getranck von Aloe ein / das 148. Würmer von ihm getrieben / und hernach hat er sich besser gehabt. Benivenius c. 85.

3. Ein Weib von 49. Jahren hat grossen Schmertzen in ihrem Leibe gehabt / und nachdeme man ihr eine Artzney bey gebracht / Hierapiera genant / hat sie 40. grosse Würmer gebrochen. Dodonæus observ. 85.

4. Brasavol schreibet / daß er einen alten Mann von 80 Jahren unterhanden gehabt / der einen übelriechenden Odem / wie die Kinder so Würmer haben / von sich gehen lassen / deßwegen er ihm ein Getranck beygebracht / das darauf gerichtet / und dardurch 500. Würmer von ihm getrieben. Dieses schreibt er / sey ungefehr geschehen / dann er nichts gewust / daß so alte Leute auch mit den Würmern geplaget werden.

5. Amatus Portugals schreibet / daß von einem Mägdlein von vier Jahren / ein grosser grüner Wurm gekommen / welchen ihr Vatter zertretten / und in demselben viel hundert kleine Würmer gefunden. Das Mägdlein ist wenig Tage hernach gestorben.[236]

6. Johann Baptista Cavallaire / ein gelehrter Mann beglaubet / daß er einem Kind von drey Jahren Würmer durch den Nabel fressen sehen / darüber auch das Kind sterben müssen. Dergleichen schreibet auch Pareus von einer Frauen / und saget / daß die Würmer Fingers lang gewesen / und daß sie ein Geschwer an dem Nabel gehabt / seye aber gebeilet worden / und zu völliger Gesundheit gelangt / im 19. Buche c. 3.

7. P. Forest bestättiget solches von einem andern Weib / welcher ein Wurm von anderthalb Schuhe auß dem Nabel gekrochen kommen / und zween Tage hernach noch ein grösser. Den dritten Tag einen kleinern. Den vierten Tag gebare sie einen Knaben auf die Welt. Den siebenden und achten Tag hernach krochen wider zween Würmer auß ihr / und weil sie arm / muste sie sich in grosser Dürfftigkeit behelffen / ist aber noch wieder zu recht kommen. l. 1. observ. 35.

8. Alex. Benedict und Benivenius c. 87. melden / daß zu Siena in Welschland von einer Frauen täglich ein Wurm 15. Elen lang gekommen / und solches 8. gantzer Tage / weil sie mit einem Trunck Wasser einen Erden Schlamm / darvon die Regenwürmer wachsen / wie anfangs dieser Erzehlung berühret worden / mit eingetruncken.

9. Ein Weib aus Sclavonia hat durch den Mund einen Wurm gebrochen / wie eine Schlange vier Ehln lang / Amatus Portugals / in der 74. Cur.

10. Thad. Dunus erzehlet etliche Exempel. Daß solche Wůrmer schüppicht gewesen / darauf aber allezeit der Tod gefolget / und daß man solche in dem Rauch gedörret / und noch weise zu Basel.

11. Damit wir aber sehen was Elend wir Menschen unterworffen / und wie grosse Ursach wir haben unsre Speiß und Getranck mit Dancksagung zu empfahen / so wil ich hier noch von andren dergleichen Fällen erzehlen / daß nemlich etliche Aale / etliche Ottern / etliche Eydexen / etliche Krotten und andre abscheuliche Würmer in sich getragen /[237] und sonderlich schreibet Marcellus Donatus. l. 4. c. 26. Daß Laurentz Zaffard ein Haubtmann zu Mantua / einen rötlichen Wurm durch den Mund gebrochen / der zwey Hörner auf dem Haubt / und hundert Füsse gehabt / habe sieben Stunde gelebt / und sey einen Schuh lang gewesen. Hiervon ist zu lesen Gemma / Schenck / Dodoneus unnd andre.

12. Pareus erzehlet auch auß den Alten / daß vielmals Würmer von den Menschen gekommen / welche so lang / als seine Därmer / das ist siebenmal so lang / als seine Höhe. Velascus erzehlet von einem dem 3. Würmer durch die Ohren herauß gekrochen / unnd hat sich auch hier begeben / daß einer Bauren Magd / die in dem Feld geschlaffen ein Ohrhöllerer in das Ohr gekommen / unnd in dem Haubt seine Brut außgeheget / darüber sie Tag und Nacht grossen Schmertzen gehabt. Der hochberühmte Mann Philip Camerarius hat ihr lassen den Dunst von einem neugebacknem Brod für das Ohr halten / durch welchen alle die Würmer wider herauß gekrochen / darüber das Mensch aber die Gedächtniß fast gantz verlohren.


Rähtsel.


Ich bin mit grosser Müh' auff einen Berg gestiegen.

Es fleust ein trüber Strom in nechst begrüntem Thal /

nechst welchem unter sich viel Thiere sonder Zahl

nach lang betrübtem Streit im schlancken Fluß erliegen /

Der Löw / der Fuchs / der Beer / die Schwein / und Hunde kommen /

Der Ochs / der Wolff / das Schaf und viel nie gute Freund'

entfliehen / jagen nach und haben ihren Feind.

Wol dem / der seinen Weg hat einst hindurch genommen.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 235-238.
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