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[174] Vierzig Schafe und zwölf Malter Weizen

nebst drei Eimern Weines wurden täglich

am Altar des grossen Baal geopfert:

und am nächsten Morgen war es alles

aufgezehrt, und gnädig und gesättigt

grinste Baal herab auf seine Knechte.


Auch der König Cyrus diente täglich

seinem Gott und ging hinab zum Tempel,

am Altar des grossen Baal zu beten.


Und er sprach zu Daniel, seinem Freunde,

den er ehrlich hielt, obwohl er Jude:

Sage mir, was betest du nicht auch an

meinen Gott, den grossen Baal zu Babel?


Daniel versetzte: Keine Götzen,

die von Menschenhand gemacht, verehr ich,

einzig den lebendigen Gott des Himmels,

Zebaoth, den Herren über Alles!


Sprach der König: Hältst du denn den Baal nicht

für lebendig? Siehst du nicht, wie viel er

täglich isst und trinkt?[174]

Doch Daniel lachte:

Herr, mein König, lass dich nicht bethören!

Dieser Baal ist eine todte Puppe,

draussen Erz und drinnen eine Höhle:

was der Götze frisst, verdaut der Priester!


Zornig ward der König. Rufen liess er

seine Priester, und er sprach zu ihnen:


Wenn ihr mir nicht sagt, wer all die Opfer

täglich frisst, die wir dem Baal bereiten,

müsst ihr alle sterben. Könnt ihr aber

mir beweisen, dass sie Baal verzehre,

so muss Daniel sterben, denn er lästert

unsern Gott!

Und Daniel rief: Herr! König!

Es geschehe so, wie du geredet!

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 174-175.
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