Sechste Scene.

[43] WIRTIN. Nee, Gotlieb! nee Jeses! Wu kimmst Du d'n noch har?

BAUER Ephraim tritt ins Zimmer. Nu ju ju! Ich kumme au noch. Gieb m'r ock noch an klenn' Korn. Du bist ju ur'ntlich derschrucka.

WIRTIN. Nee sa' m'r ock! Ich bihn werklich a wing derschrucka! Ich duchte, Du liegst lange eim Bette! 's is ju Mitternacht durch.[43]

BAUER. Ich hatte mich aus Wut iber da tumma Händler ei's Bette gelä't. Nu fiel mir alles mögliche ei – und ich hierte au die Musike vo' Euch immer furt. Die Wirtin zeigt eine gewisse Unruhe. Da bin ich wieder ufgestanda –. Das giht ju gar lustig zu bei Euch, uf eemol wu das liederliche Harfavulk ei's Durf rei' is!

WIRTIN. Ich wiß doch gar ni, wu d'r Man is. Sie sieht ins Haus und ruft. Glumm! Glumm!

BAUER. 'r werd wull hie dinne bei da Springern sein. Du meins, Du Du! Man hot an Last zu tra'n!

WIRTIN. Nee nee, durt dinne is 'r nee. 'r ging hienaus. – Nee, sa' mir ock, Gotlieb, kimmt mir'sch ock asu fir. Du bist schun lange immer asu – nu wie sohl ich denn glei sa'n?

BAUER. Ich wiß schun! Ich wiß schun! Pauline! – Brauchst gar ni erscht nach Worta zu sicha! Mir verstihn ins schun! –

WIRTIN. Nu sa' mir ock –

BAUER. Aber ich wiß nee, Du bist au asu unruhig. Is D'r was? Sichst De was?

WIRTIN. Nee nee, 's is m'r blußig wegen 'm Mane, wu dar is? Ich gleebe immer, dar hot sich gar schun ei's Bette gelä't.

BAUER. Nu, da bleib ock Du a wing bei m'r! Was? – Ich war Dir was sa'n, liebe Pauline! – Nee Jeses. Was die aber fir an Teebs macha. War is d'n das? –

WIRTIN. War werd 's d'n gruß sein! Ju! aber Du wölltst doch noch was sa'n![44]

BAUER. Ei menn' Alter is ma nimmeh' gruß ufgelä't zu lacha und zu tanza. Ich bihn 'r nu sechzig! – Dar Viehhändler macht sich wull an Lust hie? – was?

WIRTIN. Ju ju – au d'r Viehhändler is derbeine.

BAUER. Nu – asuner Windhund kan getroste sechzig sein, da kimmt 'r immer noch nee zu Verstande! – Sich ock, Pauline. Mir giht die gruße Wertschoft eim Kuppe rim! Ich bihn alt. – Se betriga mich hinga, se betriga mich vurne. Se macha mich biese wie an Kettahund. Sohl ich denn ei Wut ei's Grab sinka! Das mecht ich doch nee.

WIRTIN. Nu nee nee! Das kan Dir kenner verdenka.

BAUER. De Ahle hot das Wertschofta sat, die viele Arbeit hot se sat. – Ich mecht au wieder nee die Väterei fremda Leuta aus a Hända ga'n. Se hot a Grußvater ernährt. Se hot a Vater und de Mutter ernährt. – Warum söllte se denn nee au noch – Nu Jes! 's is ju Tummheet! – Dar Junge is nischt nutze! 's Madel –

WIRTIN hat sich erhoben. Nu ebens, Dei Madel –

BAUER plötzlich auffahrend. Was is d'n mit menn' Madel? –

WIRTIN. Nee nee, was sohl d'n mit'r sein? Sprich ock! Erzahl ock wetter!

BAUER. Ich war ni erscht gruß vo' menn' Kummer reda! Die hot doch Kenn'! Die mag doch Kenn'! – 's kumma an Neege. Die mag doch Kenn' –

WIRTIN. Nu nu! Mag se werklich Kenn'? Ich duchte –[45]

BAUER. Was denn? – Nu was denn?

WIRTIN. Nee nee. Ich duchte ock asu – Vielleicht wär doch amol Enner –

BAUER. Hot se etwa'n gar hingerm Ricka Enn'? was?

WIRTIN. Nee nee, das wiß ich nee. Das wiß ich weiter nee. Das will ich weiter nee sa'n. – Aber Gotlieb – ich ga' Dir zu bedenka – mit junga Vulke, das is gar a eegen Ding –. Ma' kan doch –

BAUER. Nee nee, Pauline, hust recht, 's is gar ni asu leichte, mit dam junga Vulke durchzukumma!

WIRTIN. Ma' kan doch niemals wissa –

BAUER. Nee nee, 's is gar ni asu leichte! Ma' sitt's ju wieder hie. 's braucht blußig a Ding kumma wie de Franzel, da sein se d'rhinger har wie de Fliega! – Was das bluß fir a Teebs is! – Nu –meine Leute ha'n a Tag iber asu zu arbeita, daß se fruh sein, wenn se obends kinn' ei's Bette sinka! Und ich säß au nee hie, wenn nee dar Teifelsschelm vo' Blumig alles ufgewühlt hätte – d'rheeme! –


Man hört vom Tanzsaal Lärm.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 43-46.
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