Dritte Szene

[146] ELFI ebenfalls in einen reizenden, losen Mantel gehüllt, tritt herein durch die Tapetentür, eine Rose an der Brust. Was treibst du denn schon hier für Bußübungen in der Einsamkeit ...[146]

LUNICA. Ich treibe gar nichts ... ich werde getrieben ... nein nein ... ich will es dir nur ganz offen sagen ... o ... diese verliebten Frauenzimmer sind womöglich schon im grauen Morgen aus ihren Betten geschlichen ... und haben ihre Willkommengrüße für den Meister wer weiß wo überall angebracht ... und sogar auf diesem Tische herumgesudelt ...

ELFI. Gott sei Dank ... hahahaha ... daß wir den Baron wieder los sind ... ich kann das grüne Holz für den Tod nicht leiden ... so ein junger Schnösel ist mir richtig zuwider ... ich kann nur ältere Männer leiden ...


Sie greift auch nach der Rose an ihrer Brust und nestelt sie ab.


LUNICA. Nö ... bitte ... Elfi ... mein blutendes Herz liegt hier in der Mitte ...


Sie macht mit den Fingern Zeichen drüber.


Hokus pokus Kolibri ...

meiner Nächte Melodie ...

Rose ... ich beschwöre dich ...

blute du ... offenbare mich ...

heute bin ich dran ...

ELFI. Ich bin unglücklich, liebe Lunica ...

LUNICA versucht zu tanzen. Darüber hast auch du nur froh zu sein ... Sängerinnen und Tänzerinnen müssen um jeden Preis ein-, zweimal tief unglücklich sein ... sonst wird nichts aus ihnen ... sonst taugen sie nie was ... ich habe das erstemal scheußlichen Jammer schon hinter mir ... o Gott ... wenn ich dir nur mein zerfleischtes Herz zeigen könnte ... trallalala ... trallalala ... ich nehme mir sicher noch einmal das Leben ...


Quelle:
Carl Hauptmann: Die goldnen Straßen. Leipzig 1918, S. 146-147.
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