Dritte Szene

[357] SCHUISKOI.

Mein Zar, um eine Gnade bitt ich dich:

Gestatte meinem Sohn, sich zu vermählen.

BORIS winkt ihm, aufzustehen.

Gesetze, die uns drücken, keck zu brechen

Oder sie wankelmütig aufzuheben,

Ist einerlei! Du willst das eine nicht,[357]

Weil du die Strafe deines Zaren fürchtest:

Soll ich das andre tun und Gottes Zorn

Auf mich herunterziehn? Nein, Schuiskoi, nein!

SCHUISKOI.

Es gibt ein Unglück, wenn dus wieder weigerst!

BORIS.

Und dennoch muß ich! Brächtest du mir auch

Die Feder König Siegismunds von Polen,

Der dieses Blatt gewiß entworfen hat:

Ich schriebe damit nieder, was du wolltest,

Und wenn du meinen Schatz als Dank begehrtest,

Nur nicht den Hochzeitsbrief für deinen Sohn.

Ich kann nicht, Schuiskoi, weil ein Eid mich bindet!

Nicht bloß den öffentlichen, den ihr kennt,

Ich hab auch einen stillen Schwur geleistet,

Als ich die Krone Monomachs empfing.

Ich zitterte vor ihr, ich fürchtete

Mein Herz, ich sah mich auf dem Platz schon straucheln,

Wo man der erste ist nach Gott dem Herrn,

Doch leider auch der nächste an dem Teufel,

Und ich gelobte mir in meinem Schwindel,

Zu bleiben, was ich war, ein Reichsverwalter,

Der die Gesetze schirmt, doch keine gibt.

Nun, Iwan hat die Ehen der Bojaren

Beschränkt, und Feodor, so mild er war,

Hat immer abgeschlagen, das zu ändern:

Sollt ich das tun? Nein, Schuiskoi, nimmermehr!

Dann würd ich fallen durch Rebellenhand,

Denn das erbat ich mir von Gott als Strafe

Für meine erste Neuerung im Reich!


Schuiskoi ab.


BORIS ihm nach.

Doch schick mir deinen Sohn, ich werd ihn trösten,

Sobald du deine Schlacht gewonnen hast!


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 357-358.
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