Die Zwei

[11] Sieh dort die Zwei! Er spielt die Flöte,

Und wollene Strümpfe strickt sein Weib,

Im Korbe ruhn zwei Dreierbröte

Zur Nahrung für den siechen Leib.

Flütüh, flütüh! – »Wer gibt 'nen Groschen?«

Die Flöte lockt so flehend süß:

»Ihr steckt ja in den Glücksgaloschen,

Euch ist die Welt ein Paradies.«


Flütüh, flütüh – schon humpelt weiter

Das eheliche Bettlerpaar,

Ein einziger ist ihr Begleiter,

Treu bis zum Tode, Jahr für Jahr.

Sein Blick ist hohl, sein Gang gebrochen,

Von Schwären sein Gesicht entstellt,

Er nagt an einem kahlen Knochen

Und heißt – das Elend dieser Welt.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 11-12.
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