Gesang des Pilgers

[160] Fort über Schlünde zu Geländen,

Schlafwandelnd, für Gefahren blind,

Ward ich geführt von Geisterhänden,

Die meines Weges Hüter sind.


Ich ging dahin durch Nacht und Grauen,

Und die Dämonen dräuten dicht,

Nach meinen Schritten mußte schauen

Erschreckt der Menschen Angesicht.


Was will der Männer und der Frauen

Verwundert Fragen nach dem Ziel?

Mein Stern und Stab ist mein Vertrauen

Durchs ungeheuer dunkle Spiel.


Kein fremdes Irrlicht soll mich blenden,

Die eigene Krone sucht das Kind –

Mag jeder Wandrer so vollenden

Das Los, das ihm die Norne spinnt!

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 160-161.
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