Kronenträger

[221] Und trag ich auch kein Purpurkleid

Mit Hermelin und Goldgeschmeid,

Ich glaube doch bis an mein Grab,

Daß Gott mir Reich und Krone gab.


Der Reif, der fein dies Haupt umflicht,

Erhöht mein sterblich Angesicht,

Und Flammen reiner Ehrfurcht lohn

Um meinen unsichtbaren Thron.
[221]

Gebannt in solcher Gnaden Kreis,

Sing' ich den höchsten Mächten Preis,

Des dritten Reiches Macht und Ruhm

Sei meiner Harfe Heiligtum!


Mein ist das Reich der stillen Tat,

Das langsam hier auf Erden naht,

Von ewiger Sehnsucht vorgeschaut,

Wird es erkämpft und auferbaut.


Wollt' ich verlassen je sein Licht,

Ein Hüter, der die Treue bricht,

Dem armen Wicht wär' ich verwandt,

Der sich erhängt mit eigner Hand.


Doch sinkt der Schwermut leiser Flor

Auf diese Stirn, die Gott erkor,

Wenn sich der Feinde Rotte mehrt

Und das geliebte Land verheert –


In meinem königlichen Schmerz

Aufblitzt ein Licht wie funkelnd Erz:

Kein König, der's verloren gab!

Die Krone trag ich bis ans Grab.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 221-222.
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