Arbeiterlied

[112] Noch ein kurzes Lied, noch ein kräftig Lied,

Noch ein Lied aus zähem Guß!

Das von Land zu Land immer weiter zieht

Wie vom felszerschmetternden Dynamit

Durch der Täler Flucht

Mit Gewitterwucht

Hinrollender Donnerschuß!


Der Tyrannen Macht der Vernichtung Nacht!

Ihr Schufte, genad' euch Gott!

Der Hoffart Götzen, der Niedertracht,

Zur Strecke sei euer Trotz gebracht,

Denn ein stolzer Mann

Haßt der Knechtschaft Bann,

Und der Freiheit Dampfer ist flott.


Der greulichen Not den Tod gedroht,

Die wie Schwefelqualm uns erstickt!

Wir betteln nicht mehr um den Brocken Brot,

Wir frönen nicht mehr eurem Lohngebot,

Wir erzeugen nicht mehr,

Weil der Segen schwer

Uns Schaffende nimmer beglückt.
[113]

Ein Sehnen den Geist uns vorwärts reißt,

Die Maschine stampfet den Takt,

Und wie sie die Kohle mit Feuer speist,

Daß sonnenleuchtend das Glühlicht gleißt,

So die Wahrheit wellt,

Alle Welt erhellt,

Und die Schönheit neiget sich nackt.


Drum vereint und treu unser Leben sei

Ein gewaltiger Hebel zum Licht!

Wir feilen die Ketten der Sklaverei

Ingrimmig lachend langsam entzwei,

Bis die Stunde naht,

Wo des Volkes Tat

Das Gesetz der Schande zerbricht.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 112-114.
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