Flirt

[191] Wie das flirrt und schwirrt und schmeichelt,

Lockend girrt, gefällig streichelt!

»Fräulein sprudeln von Geschmack.

Zwar, wem gnadenvoll wie Ihnen

Göttin Schönheit selbst erschienen –«

»Danke, Herr von Chapeau Claque!«


»Diese Palmen, wahrhaft südlich!

Schneidige Nischen! Urgemütlich!

Ganz pompöser Gartensaal!

Sauerherings Soireen,

Fräulein mögen selbst gestehen,

Sind entschieden ideal.«


Vorgebeugt auf samtnem Sockel,

Herr Assessor von Monockel

Wie ein Gockel nickt und kräht.

Seine schönbeschleiften Halbschuh,

Seine idealen Kalbschuh

Sind von Siegesrausch gebläht.
[192]

»Sagen Sie mir doch, Herr Doktor,

Dichten Sie? So'n schöngelockter

Dichter machte mir mal Spaß.

Ganz wie Schiller auf den Bildern,

O das wäre zum Verwildern! ...

Mögen Sie kein Ananas?«


Und die geniale Glatze

Faltet die feudale Fratze,

Während sie voll Wehmut spricht:

»Gnädiges Fräulein, Verse machen

Ginge schon mit Ach und Krachen,

Aber Locken – das geht nicht!«

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 191-193.
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