Soldatentraum

[322] Die Sonne starb in Gluten,

Der Tag der Schlacht ist um,

Die Wolken weich verbluten,

Des Todes Feld liegt stumm.


Ein Büschel Gräser neigt sich

Vom Abendhauche sacht.

Ob meinem Haupt verzweigt sich

Des Traumes dunkle Macht.


Mir ist, ich sei versunken

Im wilden Meer der Zeit,

Vergessenheit getrunken

Hätt' ich in Ewigkeit.


Die Welt wie abgeschlossen

Durch grünen Doms Kristall,

Von Schreien und Geschossen

Schweigt jeder Widerhall.
[322]

In sternenkühler Stille,

Am Grund der ewigen See

Ruht wie ein Kind mein Wille,

Ruht aus von Wut und Weh.


In dem kristallnen Saale,

Wo Leib und Seele ruht,

Wird mir gereicht die Schale,

Des Schlummers Trank ist gut.


Ihn gibt, daß ich gesunde

Dereinst im Heimatland,

Mir auf dem grünen Grunde

Der lieben Mutter Hand.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 322-323.
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