19. Eile zum Lieben
Deutsch

[217] Von Opitz. Eins der schönsten deutschen Lieder. In Rammlers Blumenlese stehts verändert.


Ach, Liebste, laß uns eilen,

Wir haben Zeit!

Es schadet uns Verweilen,

Uns beiderseit.


Der edlen Schönheit Gaben

Fliehn Fuß für Fuß:

Das alles, was wir haben,

Verschwinden muß.


Der Wangen Zier erbleichet,

Das Haar wird greis:

Der Augen Feuer weichet,

Die Brust wird Eis.


Das Mündlein von Corallen

Wird ungestalt:

Die Händ' als Schnee, verfallen

Und du wirst alt.


Drum laß uns jezt geniessen

Der Jugend Frucht;

Eh' als wir folgen müssen

Der Jahre Flucht.


Wo du dich selber liebest,

So liebe mich;

Gib mir, das was du giebest

Verlier' auch ich.
[217]

Quelle:
Johann Gottfried Herder: Stimmen der Völker in Liedern. Stuttgart 1975, S. 217-218.
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