Morgenwind

[152] Wenn noch kaum die Hähne krähen,

Macht sich auf der Morgenwind,

Feget aus mit starkem Wehen

Stadt und Flur und Wald geschwind.


Allen Bäumen in der Runde

Schüttelt er die Locken aus,

Weckt die Blümlein in dem Grunde,

Lockt die Lerch' ins Tal hinaus.
[152]

Nebel, die an Bergen hangen,

Jagt er ohne Gnade fort;

Kommt Frau Sonne dann gegangen,

Find't sie sauber jeden Ort.


Will sie bei dem treuen Winde

Sich bedanken in Person,

Ist er, daß ihn keiner finde,

Über alle Berge schon.

Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke, 3 Reihen in 15 Bänden, Reihe 1, Band 5, Stuttgart 1924, S. 152-153.
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