[468] Rose. Auf der Straße draußen von rechts marschiren die Bürger heran, unter ihnen Würges, Grüneberg, Schröder, Geertz, der Rector und sein Sohn alle in Waffen.
WÜRGES.
Ganzes Bataillon – halt! – Gewehr ab! Nun rührt euch!
Wir müssen hier auf Nettelbecken warten.
ROSE die wieder hinausgesehen hat.
Ha, was ist das? – Nein – nein, es kann nicht sein –
Es schwimmt mir nur vorm Auge!
WÜRGES auf die Schwelle tretend.
Jungfer Rose,
Was observirt Sie da für Neuigkeiten?
ROSE läßt die Arme finden, hält sich am Sessel.
Es ist! o nur zu deutlich und gewiß!
Ich soll den Untergang mit Angen sehn!
WÜRGES hereintretend.
Na so weit wird's ja wol nicht sein.
ROSE hastig umblickend.
Ihr seid's?
Kommt! Seht es selbst! da – dort –[468]
WÜRGES sich die Brille aufsetzend.
Zum Kukuk, was?
ROSE mit gedämpfter Stimme.
Die Ueberschwemmung –
WÜRGES.
Bomben und Granaten!
Ja, meiner Seel'!
ROSE rasch und leise.
Seht, wie das Wasser abfließt!
Der Feind muß unsern Damm durchstochen haben,
Das Schleusenwerk zerstört, – seht, drüben schon
Das blanke Feld –
WÜRGES.
In zehn Minuten, Jungfer,
Gehn wir in Strümpfen trocknen Fußes durch.
Der Satan steckt in diesen Schelmfranzosen!
ROSE.
Das ist die letzte Stunde!
GRÜNEBERG hereinrufend.
Nachbar Würges,
Was giebt's?
WÜRGES.
O nichts! wir remarquiren bloß,
Daß man bald wieder Hafer säen kann,
Weil's dieses Jahr hübsch trocken ist.
GEERTZ.
Was sagt er?
GRÜNEBERG.
Es muß da draußen was –
Will eintreten.
WÜRGES.
Ganzes Bataillon
Antreten! Still gestanden! – Ja nun wollt' ich,
Der Nettelbeck wär' da! Denn – ha, da kommt er!
ROSE.
Es scheint, er weiß – seht nur, wie blaß er ist!
WÜRGES traurig vor sich hin.
Das Schleusenwerk war immer seine Puppe.
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