Fünfter Auftritt.

[181] Vorige. Richard.


RICHARD auf Amélie zueilend. Meine Gnädige – grüß Dich Gott, Gustav!

GUSTAV vorstellend. Mein Vater –

RICHARD. Sehr erfreut! Ein biedrer Landmann,[181] nicht wahr? Kommen Sie auch, etwas von unserm Karneval mitzunehmen? Es ist die höchste Zeit!

EHRENTHAL. Bin nicht begierig danach!

AMÉLIE. Sie entkommen uns nicht, Herr Vater, Sie müssen den heutigen Maskenball mit uns besuchen.

RICHARD. Ei, gewiß, da hilft kein Sträuben.

AMÉLIE. Wir sind ganz unter uns, in geschlossenem Kreise, eine Gesellschaft von vier- bis fünfhundert guten Freunden –

EHRENTHAL. Ach, wie glücklich sind doch die Städter, so viele gute Freunde zu besitzen. Bei uns dünkt man sich wunder wie reich, wenn man einen Freund zählt. Bedaure dennoch sehr; es sind dringende Besorgungen und Geschäfte, die mich hereingeführt.

AMÉLIE. Die sind bis dahin längst abgethan. Vor Mitternacht fahr' ich nicht auf den Ball.

EHRENTHAL. Und Sie nennen ihn den heutigen?

RICHARD. Ha, sehr gut, auf Ehre! Sehr gut! Also den morgenden! Ja, Gustav, Du mußt Deinen Herrn Vater bewegen, uns zu begleiten. Leise zu Amélie. Helfen Sie doch, ihn zu bestürmen, er muß!

GUSTAV. Könnt' es Ihnen Vergnügen machen?

EHRENTHAL. Vergnügen nicht! Aber sehen möcht' ich wohl einmal den tollen Durcheinander.

AMÉLIE. Sie waren niemals auf Redoute?

EHRENTHAL. Niemals.

ALLE DREI. O, dann müssen Sie mit!

RICHARD hat sich zu dem Kinde gewendet, diesem eine Tüte mit Süßigkeiten gegeben, und liebkoset ihm.[182]

EHRENTHAL. Wir wollen sehen, was ich thue. Erst aber meine Gänge.

GUSTAV. Ich begleite Sie.

EHRENTHAL. Adieu, Frau Tochter! Adieu, mein Herr! Er geht mit Gustav.

AMÉLIE. Auf Wiedersehn!

RICHARD. Ich besorg' Ihren Anzug.

PHILIPPINE so wie sie Richard und Amélie allein sieht, geht sie mit dem Kinde ab.

RICHARD. Ist das ein Bauer!

AMÉLIE. Doch ein ehrlicher. – Aber sagen Sie, Richard, welches Interesse können Sie dabei haben, daß er mit in das Maskengewühl geführt werde? Wird er sich dort nicht lächerlich ausnehmen?

RICHARD. Welches Interesse? Ihre Frage ist eine Kränkung für mich. Haben Sie schon vergessen, daß auf den heutigen Ball meine ganze Hoffnung gesetzt ward?

AMÉLIE. Daß ich nicht wüßte! Ueber meine Lippen ist keine Silbe gekommen, die Sie berechtigen könnte –

RICHARD. Es giebt eine Sprache, für Liebende beredter, als jene des Mundes. Und gerade Sie sprechen diese Sprache so schön.

AMÉLIE. Soll das eine Schmeichelei sein, oder ist's eine Sottise? Sie halten mich für eine Kokette?

RICHARD. Ich schmachte seit einem Jahr.

AMÉLIE. Und nun wird Ihnen die Zeit lang?

RICHARD. Allerdings. Denn ich muß glauben, daß ein beglückter Nebenbuhler –[183]

AMÉLIE lachend. Mein Mann –?

RICHARD. Ehemänner zählen nicht.

AMÉLIE. Doch sind Sie eifersüchtig auf ihn, Ihren Freund.

RICHARD. Freundschaft weicht der Liebe! Und eifersüchtig auf ihn bin ich nur, wenn Sie mich dahin bringen. Das gehört mit in die Unzahl ihrer feinsten Koketterieen. – Nun aber zur Sache: Setzen Sie Alles daran, daß Ihr Schwiegervater mit uns auf die Redoute gehe! Er muß Gustav's Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.

AMÉLIE. O, Sie Bösewicht!

RICHARD. Was Sie befehlen! Nur nicht länger Ihre Launen Spott. Gesprochen ward genug, nun stehn wir an der That.

AMÉLIE. Seht! Er redet wie ein Mann?

RICHARD. Und bin es auch. Ja, staune mich an, Amélie, kein Entkommen mehr! Du bist mein!

AMÉLIE. Mortimer – ha, Dame Kennedy, wer rettet mich vor seiner Raserei?

RICHARD. Es ist die Raserei der Liebe! Umarmt sie heftig.


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 181-184.
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