Dreizehnter Auftritt.

[252] Franz entgegen. Vor seinem Anblick fahren Commissair und Richard zurück.


FRANZ sehr ruhig. Ich bin's, den Sie suchen!

COMMISSAIR. Wer seid Ihr?

FRANZ. Ein Mörder!

EHRENTHAL springt auf. Ha!

COMMISSAIR. Dein Name?

FRANZ. Franz Kunert, Tagelöhner!

EHRENTHAL. Will denn alle Welt Theil an diesem Jammer haben?

COMMISSAIR. Wen hast Du gemordet?

FRANZ. Meine Geliebte, meine Braut.

COMMISSAIR. Warum?

FRANZ. Weil sie – ei, was bin ich denn verbunden, ihre und meine Schande zu offenbaren? Ich hab' sie ermordet, weil ich sie morden wollte! Und das Uebrige geht keinen Menschen mehr an. Hier ist mein Kopf, weiter können Sie nichts verlangen.

COMMISSAIR. Wo hast Du sie gemordet?

FRANZ sich umschauend. Hier – hier – Er blickt Richard zweifelnd an.

RICHARD ahnend. O Nacht des Entsetzens! Hier, ja hier! – und ich Elender!

FRANZ sich der Stimme erinnernd. Der weiß es auch! Leise zu Richard. Nicht? es war ein schönes Mädchen?

COMMISSAIR. Wie that'st Du die That?[253]

FRANZ. Mit vollem Bewußtsein, wie ich sie jetzt auch bekenne. Erst wollt' ich fliehen, dann dacht' ich: als Mörder durch's Leben zu gehen, ist auch ein elend Ding. Freuden hab' ich nicht mehr. Sie war meine einzige Freude. Wozu leben?

COMMISSAIR. Ich fragte: wie? und meinte: wodurch? und auf was für Art? Mit welcher Waffe?

FRANZ. Mit einem Messer, welches – na, was fragen Sie denn? Da liegt es ja.

COMMISSAIR. Mit diesem Messer?

FRANZ. Mit diesem. Er faßt darnach.

COMMISSAIR es ihm entziehend. Was willst Du?

FRANZ. Es küssen! Ich hab's von ihr!

COMMISSAIR zu Ehrenthal. Kennen Sie den Menschen?

EHRENTHAL. Nur aus Dörthe's Schilderungen. Aber ich finde den Zusammenhang.

COMMISSAIR. Franz, Du redest die Unwahrheit: Deine Geliebte lebt.

FRANZ bebend. Sie lebt? Hat die Wunde sie nicht getödtet?

COMMISSAIR. Sie lebt, sie ist nicht verwundet – und – Du träumst. Vor einem Augenblicke war sie hier.

FRANZ. Wenn Sie Spott mit mir trieben –

COMMISSAIR. Kennst Du den Ernst und die Würde meines Berufes! Bei meinem Amts-Eid, sie lebt, und ist unverletzt.

FRANZ. Und bei meinem Mörder-Eid: ich hab' in dieser Nacht, in jenem finstern Gemach, dessen Thür ich[254] gewaltsam mit dem Fuße sprengte, ein Weib niedergestoßen, mit dem Messer, welches Sie in der Hand halten, und das in der Absicht: meine Braut zu tödten.

COMMISSAIR ihn hinführend. So bekennst Du Dich dieses Mordes schuldig?

FRANZ nur hineinblickend. Barmherziger Vater im Himmel! Wer ist das todte Weib?

COMMISSAIR. Die Schwiegertochter dieses unglücklichen Mannes.

FRANZ. Und meine Braut ist unschuldig?

RICHARD. Und ich bin Amélie's Mörder!

FRANZ. Ja, Sie sind es, vor Gott! – Vor Ihnen, Herr Commissarius, bin ich's. – Muß ich sterben?

COMMISSAIR zuckt die Achseln.

FRANZ. Ich verlang's nicht besser. – Doch, kann ich wohl Dörthe sehn?

COMMISSAIR. Eben tritt sie ein!


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 252-255.
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