17.

[259] Mein Herz schlägt laut, mein Gewissen schreit.

Ein blutiger Frevel ist diese Zeit!

Am hölzernen Kreuz verröchelt der Gott,

Kindern und Thoren ein seichter Spott;

Verlöscht ist am Himmel das letzte Roth,

Ueber die Welt hin schreitet der Tod,

Und trunken durch die Gewitternacht klingt

Das sündige Lied, das die Nachtigall singt!


Die Menschheit weint um ihr Paradies,

Draus sie ihr eigener Dämon verstiess,

Und heimlich zischt ihr die rothe Wuth

Ihre Parole zu: Gold und Blut!

Gold und Blut, Blut und Gold!

Hei wie das klappert, hei wie das rollt!

Und wüst dazwischen kräht der Hahn:

Volksohnmacht und Cäsarenwahn![259]


Und immer dunkler wird die Nacht,

Die Liebe schläft ein und der Hass erwacht

Und immer üppiger dehnt sich die Lust

Und immer angstvoller schwillt die Brust;

Kein Stern, der blau durch die Wolken bricht,

Kein Lied, das süss von Erlösung spricht –

Mein Herz schlägt laut, mein Gewissen schreit:

Ein blutiger Frevel ist diese Zeit![260]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 259-261.
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