Uber das in dem Fürstenthum Gotha wunderschön gelegene Georgen-Thal

[150] Annehmliches Georgen Thal!

Beliebtes Lust-Revier!

Die Schönheit baut sich selbst in dir

Den steten Wohnungs-Saal.

In deinen Anmuths vollen Auen

Kan man sich zwar vergnügt/ doch niemahls müde schauen.

Ich habe dich nur halb gesehn/

Und sage doch entzückt: dir weiß nichts gleich zu gehn.[150]

Ja wenn Diana einst gewesen/

Sie hätte sich in deinem Wald

Die Wohnung ausgelesen.

Selbst alle Ruh hat hier den Aufenthalt.

An deinen Teichen/

Wo die Forellen streichen/

An deinen Wiesen/

Deßgleichen nie kein Mahler noch gepriesen/

An deinen Früchten/

Und andern lieblichen Gerichten/

An deinen Zweigen/

Die so viel Augen-Weid als grüne Blätter zeigen/

An allen hab' ich das erblickt/

Was ich nie sattsam rühmen kan/

Und mich doch stets entzückt.

Ich sahe dich so mit Verwundrung an/

Und dachte: muß man dich nur unvergleichlich nennen/

So kan man recht in dir den Ober-Herrn erkennen.

Vergnügt Georgen Thal!

Du pflegst uns selber das Ergetzen

Im Uberflusse vorzusetzen.

Höchstschätzbares Georgen Thal!

Wo der Gerechtigkeit ihr Strahl

Sich mit Leutseligkeit vermählet.

Zu andrer Schande schreib den Ruhm in Marmor ein:

Verständig/ billig/ klug/ gerecht/

Galant und redlich-schlecht/

Diß alles muß in dir beysammen seyn/

Was alles sonst in manchen Amte fehlet.

Du schönes Feld/ Georgen Thal!

Und wenn ich tausend mahl

An deine Seltenheit gedencke/

Wenn nach des Himmels Gütigkeit/

Die so viel Augen-Lust durch dich den Menschen beut/

Ich die Gedancken lencke.

So denck ich nichts/ als tausendmahl:

Du schöner Ort Georgen Thal.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 150-151.
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