Fabel

[158] Als einer disputirte/ In Nahmen eines andern.


Ins Land der Wissenschafft gieng Damon nechst spatzieren/

Und traff drey Menschen an:

Er dachte/ wenn ich sie zu Freunden haben kan/

So werden sie mich wohl zu rechte führen.

Die Mine war an ihnen gut.

Der erste sprach zu ihm: Wir werden Mühe haben/

Durch dieses Land zu gehn: drum unser junges Blut

Soll/ wenn es dir beliebt/ sich unter wegens laben.

Ich weiß ein Hauß/ da hat man guten Wein/

Ich weiß ein Hauß/ da Schönen drinnen seyn/

Ich weiß ein Hauß/ da spielet man in Karten:

Wenn wir daselbst gewesen sind/

So wollen wir auch unsrer Sachen warten.

Ein Kluger wehlt die Lust/ und lauter Müh ein Kind:

Bey den Gelehrten gilt diß Kleeblat allzuviel;[158]

Wein/ Weiber/ Karten-Spiel.

Der andre sprach zu ihm: was wilst du hier studiren/

Und deine Zeit verliehren?

Ein besser Weg geht in des Martis Feld;

Ein Degen und ein Pferd verdienen eher Geld/

Als ein gelehrtes Buch. Ich soll allhier zwar leben;

Doch weil ich mich will in den Krieg begeben/

Was ist es nutz/ daß ein Soldat

Viel Wissenschafft gelernet hat?

Die er doch wieder wird vergessen.

Das Geld vergnügt verthan/ Collegia verfressen;

Denn die Musqnete her/ das ist mein Symbolum.

Hier sahe sich der Damon schrecklich um.

Was/ dacht er in sich selbst/ sind in des Phœbus Auen

Nur Menschen/ die so artig/ anzuschauen?

Er sprach darauf den dritten an/

Der bath ihn/ durch diß Land/ und endlich durch Athen

Mit ihm zu gehn.

Dieweil es bald um diesen Tag gethan;

Vor Abends würden sie sonst an den Ort nicht kommen/

Alwo der klügste Theil stets Herberge genommen/

Und müsten sonst zur Schande/ Schmach und Pein

Im Narren Wirths-Hauß Gäste seyn.

Es würde sich das andere Vergnügen

Rach abgelegter Reise fügen.

Gelehrt- und Wehrter Freund/ du eilest nun dahin/

Wo wir die Ehren Frucht auf Müh und Arbeit lesen.

Wodurch ich aber glücklich bin/

Ist weil wir lange Zeit Gefehrten sind gewesen.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 158-159.
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