Achill

Herrlicher Göttersohn! da du die Geliebte verloren,

Gingst du ans Meergestad, weintest hinaus in die Flut,

Weheklagend hinab verlangt' in den heiligen Abgrund,

In die Stille dein Herz, wo, von der Schiffe Gelärm

Fern, tief unter den Wogen, in friedlicher Grotte die blaue

Thetis wohnte, die dich schützte, die Göttin des Meers.

Mutter war dem Jünglinge sie, die mächtige Göttin,

Hatte den Knaben einst liebend, am Felsengestad

Seiner Insel, gesäugt, mit dem kräftigen Liede der Welle

Und im stärkenden Bad ihn zum Heroën genährt.

Und die Mutter vernahm die Weheklage des Jünglings,

Stieg vom Grunde der See, trauernd, wie Wölkchen, herauf,

Stillte mit zärtlichem Umfangen die Schmerzen des Lieblings,

Und er hörte, wie sie schmeichelnd zu helfen versprach.


Göttersohn! o wär ich, wie du, so könnt ich vertraulich

Einem der Himmlischen klagen mein heimliches Leid.

Sehen soll ich es nicht, soll tragen die Schmach, als gehört ich

Nimmer zu ihr, die doch meiner mit Tränen gedenkt.

Gute Götter! doch hört ihr jegliches Flehen des Menschen,

Ach! und innig und fromm liebt ich dich heiliges Licht,

Seit ich lebe, dich Erd und deine Quellen und Wälder,

Vater Aether, und dich fühlte zu sehnend und rein

Dieses Herz – o sänftiget mir, ihr Guten, mein Leiden,

Daß die Seele mir nicht allzu frühe verstummt,[265]

Daß ich lebe und euch, ihr hohen himmlischen Mächte,

Noch am fliehenden Tag danke mit frommem Gesang,

Danke für voriges Gut, für Freuden vergangener Jugend,

Und dann nehmet zu euch gütig den Einsamen auf.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Stuttgart 1946, S. 262,266.
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