Die Schiffende

[153] Sie wankt dahin! Die Abendwinde spielen

Ihr Apfelblüthen zu,

Die Vögellein, so ihre Gottheit fühlen,

Erwachen aus der Ruh.


Wie ihr Gewand, im Mondenglanze, flittert,

Und ihres Busens Flor!

Sie wankt dahin! Der helle Vollmond zittert

Aus jeder Well' hervor.


Da rauscht der Kahn durch hangende Gesträuche,

Birgt mir das Engelbild,

Schwankt itzt hervor, tanzt wieder auf dem Teiche,

Den ihre Gottheit füllt.


Verdeckt mir nicht, ihr hangenden Gesträuche,

Ihr lächelndes Gesicht,

Sie tanzt so schön auf ihrem Silberteiche,

Ihr Erlen, bergt sie nicht!


Weht, Winde, weht, o flügelt sie, ihr Winde,

An diese Laub' heran,

Daß ich mich ihr, im Schauer dieser Linde,

Zu Füßen werfen kan![153]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 153-154.
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