Kinder.

[217] Kinder betriegen 1) Wenn sie ihre böse Thaten / derentwegen die Eltern selbige straffen wollen / unter allerhand ersonnenen Ausreden entweder entschuldigen / oder gar verleugnen. 2) Wenn sie ihre Eltern vorsetzlicher Weise übel tractiren / und hernach vorgeben / daß es nicht mit Fleiß, sondern von ohngefehr geschehen. 3) Wenn sie ihren Eltern, welche Alters wegen nicht wohl sehen, noch fortkommen können /die Warheit auf befragen / wie es hier oder da in dem Hause stehe, nicht sagen / sondern / was sie wollen /vorschwätzen. 4) Wenn sie, da sie etwa aus geringem Stande zu hohen Ehren befördert worden / zumahlen in Beyseyn anderer thun, als ob sie ihre arme und geringe Eltern nicht kenneten, ohngeachtet solche ihnen offt an der Seite verbey gehen oder stehen. 5) Wenn sie / da Eltern ein Testament gemacht, und darinn auch dem Armuth, oder ihren nächsten Bluts-Freunden etwas legiret haben, dergleichen elterliche letzte Willens-Disposition heimlich entzucken / oder nach der Eltern Tod supprimiren / nur damit sie dergleichen Legata und Vermächtnisse nicht abtragen dürffen. 6) Wenn sie die ihnen von Eltern aus guter Meynung vorgeschlagene Heyrathen ohne Noth und erhebliche Ursachen, unter allerhand kahlen und erdichteten Entschuldigungen verwerffen, hergegen aber sich mit andern, wider ihrer Eltern Consens heimlich versprechen / und wol gar copuliren lassen. 7) Wenn sie heimlich und wider ihrer Eltern Willen in Kriegs-oder andere Dienste sich begeben. 8) Wenn sie listiger Weise zu verhindern suchen / daß entweder ihr verwittihter[218] Vater oder Mutter nicht zur andern Ehe schreiten könne. 9) Wenn sie des letzten Willen ihrer Eltern vergewissert sind, wegen Unterlassung aber der zu einer väter- oder mütterlicher Disposition nöthigen Requisiten, und insonderheit, weil ihr Interesse darunter leidet, solchen nicht erfüllen. 10) Wenn sie ihren Eltern heimlich übers Geld gehen, oder andere Sachen / so zu Geld leicht können gemacht werden, entwenden / und hernach vorgeben / es seyen solche von Fremden gestohlen worden. 11) Wenn sie das Geld / so ihnen die Eltern zum studieren oder zu Erlernung anderer guten Künste schicken / unnützlich anwenden / und gleichwol selbige bereden / daß sie das meiste vor Bücher und Collegia, oder was sie sonst benöthiget gewesen / ausgegeben hätten. 12) Wenn sie, nach Absterben eines von ihren Eltern /mehr auf ihren als auf des noch lebenden Vaters oder Mutter Nutzen sehen / und daher, was nur zu ihrem Vortheil dienet / zu sich rapsen / solcher gestalt aber es den übrigen Geschwistrigen entziehen. 13) Wenn sie den Eltern über ihren Vorrath an Getreide, Wein und Früchten gerathen, von unten hinauf Löcher in die Getreide-Böden bohren / damit die Körner durchrühren können, und ihnen davon bey verschlossenen Thüren etwas zu theil werde. 14) Wenn sie / da sie in Keller verschicket werden, erst einen guten Suff Wein thun, oder sich gläserne Gefässe und darzu gemachte länglichte Bouteillen anschaffen / welche sie in ihren Schubsäcken verborgen mit in den Wein-Keller nehmen und gefüllet heraus bringen können. 15) Wenn sie bey Verkauffung derer[219] ihren Eltern zuständigen Waare einen Neben- und Schwäntzel-Pfennig machen / und also ihnen nicht alles gelösete Geld treulich lieffern. 16) Wenn sie von denen Eltern / an diesen oder jenen Ort zu gehen / Verlaub oder Befehl bekommen, und aber davor sich an andere verbothene Orte verfügen.


Mittel: Nebst dem andächtigen Gebete zu GOtt um Segen zu der Kinder-Zucht thun gute Exempel / sorgfältige Education, treue Ermahnungen und fleißige Aufsicht das beste bey der Sache.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 217-220.
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