Todtengräber.

[423] Todtengräber betriegen 1) Wenn sie die Gräber nicht tieff genug, sondern mit Fleiß zu flach und seichte machen, damit sie desto weniger Mühe, hergegen aber, wenn nun die bösen Dünste von den begrabenen Cörpern sich ausziehen und die Lufft inficiren, desto grössern Genuß haben. 2) Wenn sie, wie Mengering in Scrut. Consc. p. 1549. schreibt / mit Prackticken / zauberischen und abgöttischen Mitteln /[423] durch Verhängniß GOttes, Infectiones zu procuriren suchen, damit ihr Handwerck desto fleißiger gehen möge. 3) Wenn sie die Gräber und Begräbnisse wieder eröffnen, und denen Verstorbenen ihre güldene Ringe vom Finger ziehen, oder sie sonst ihres Schmucks und Kleider berauben. 4) Wenn sie bey Sterbens-Läufften mit den Leichen gar zu geschwinde, und ehe noch der Mensch recht erkaltet, zum Grabe eilen, da sich doch wohl ein solcher, wie man dergleichen Exempel hat noch wiederum erhohlen könte / nur damit sie desto eher ihren Lohn davon bekommen, oder wohl gar die Häuser zu plündern, Anlaß haben mögen. 5) Wenn sie um empfangenen Trinck-Geldes willen die verstorbenen Reichen an einem / ihrer Meynung nach / bessern Ort begraben /als die Armen, da doch die Erde allenthalben des Herrn ist. 6) Wenn sie sich bey Abend-Leichen von Adelichen oder andern Standes-Personen mehr Lichter geben und bezahlen lassen / als sie anzünden und verbrauchen. 7) Wenn sie die Lebendige bereden oder von ihnen ausgeben, daß solche Ihnen in dieser oder jener Gestalt erschienen wären, und vermuthlich bald sterben würden / diese hernach aus starcker Impression sich darüber würcklich zu todte grämen. 8) Wenn sie den Leichen-Bestattern Wein anfordern, unter dem Vorwand, sie müssen sich solches gegen vielen bösen Brudel, der aus den eröffneten Gräbern aufsteige, als eines Præservativs gebrauchen. 9) Wenn sie den Vornehmen und Reichen / unter allerhand Prætext, mehr als den gemeinen Leuthen vor ein Grab zu machen anfordern / da doch[424] dieser eines eben so viel Mühe als jenes erfordert. 10) Wenn sie bey Absterben lediger Leuthe ihrer Anverwandten die erst neulich an den Epitaphiis des GOttes Acker aufgehengte Cronen, Kräntze oder Engel herabnehmen / und damit ihre Befreundte, daß sie keine neue dürffen machen lassen /zur Zierde des Sarges beschencken.


Mittel: Daß Obrigkeiten allen solchen Unordnungen und unbilligen Anforderungen durch gemachte Taxas und Gesetze / auch empfindlicher Bestraffung derer /welche die Gräber berauben / vorkomme.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 423-425.
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