Siebenter Auftritt.

[20] Vorige. Louise.


RUHBERG VATER. Da kommt meine Tochter –

SEKRETÄR. O meine Louise! Wir sind –

RUHBERG VATER. Ein Wort! Eine Frage sei dem Vater vorher vergönnt! Meine Tochter – du bist die Ursache dieses Besuchs. Ihr kennt euch –

LOUISE. Wir lieben uns. Sie waren eine Zeit her so niedergeschlagen, guter Vater, daß ich von meiner Angelegenheit mit Ihnen zu sprechen nicht gewagt habe.

RUHBERG VATER. Ich billige deine Neigung!

LOUISE. Bester, gütigster Vater! Sie haben immer das Glück Ihrer Kinder gemacht!

RUHBERG VATER. Machen wollen, mein Kind, machen wollen! Damit ich nun wenigstens in dieser wichtigen Sache so sorgsam, als ich es vermag, handeln möge: so frage ich dich – kennt ihr euch auch recht?

LOUISE. Lieber Ahlden, antworten Sie.

SEKRETÄR. Ihren Segen!

RUHBERG VATER. Ueberlegt es wohl! Ich frage nicht, ob ihr euch gefallt, sondern, ob ihr euch kennt. Daß man die Jugendjahre mit Vergnügen zubringt, in der Folge sich erträgt – nun – das hat man wohl. Ich bin ängstlich um dein Heil; um so zaghafter, da ich es mit Glücksgütern nicht bewähren kann: – und so frage ich euch, glaubt ihr, bis zuletzt zu eurer Glückseligkeit euch genug sein zu können?

SEKRETÄR. Ja! Meine Liebe ist auf Achtung gegründet!

LOUISE. Schwächen – wird der Freund der besten Freundin nachsehen. Die Freundin wird den Launen des Freundes begegnen.[21]

RUHBERG VATER. Nun dann! Er nimmt die Hand des Sekretärs. Nach Geschäften und Sorgen – lebe bei ihr mit der guten Laune des Freundes! Achte die Seele, wenn auch das frische Roth der Wangen verblüht ist – sei Herr – aber nicht Quäler! Er nimmt ihre Hand. Nach seinen Geschäften und Sorgen finde er bei dir Frohsinn und Leben. Verliebter Verdruß in der Bewerbungszeit ist eine Grazie; der Mißmuth der Frau ist für den Mann das Skelet dieser Grazie! Er hebt beider Hände empor. Wollt ihr beide immerdar an das denken, was ich euch beiden jetzt gesagt habe?

BEIDE. Ja!

RUHBERG VATER legt ihre Hände zusammen. Gott segne euch! Er umarmt sie. Der Mutter Segen will ich euch erbeten. Nun geht – genießt dieses schönen Augenblickes und wechselt die Gelübde der zärtlichsten Liebe!

BEIDE indem sie ihn umarmen. Mein Vater!

RUHBERG VATER. Umarmt euch, daß ich es sehe!


Sie umarmen sich.


RUHBERG VATER. Dies Bild gibt mir Kraft – Wenn Unmuth mich anwandelt – denke ich meine gute Tochter in den Armen eines wackern Mannes, fühle mich getröstet, da ich weiß, wer ihr einst den treuen Vater ersetzen wird. Geht mit Gott – alte Leute mögen solche starke Gefühle gern eine Weile für sich allein haben. Der Sekretär und Louise gehen Arm in Arm weg. Geht, lieben Kinder! Nachdem er ihnen eine Weile nachgesehen. Sie sind weg? – So! Nun kann der schwache, strafbare Vater, der an der Tochter Ehrentage mit leerer Hand segnen muß – weinen über seine Thorheit. Freudenthränen sind mir nicht erlaubt. Er setzt sich und bedeckt das Gesicht. Meine arme, arme Tochter!


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 2, Wien 1843, S. 20-22.
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