Fünfzehnter Auftritt.

[210] Graf Hyazinth. Graf Christoph. Baronesse. Leopoldine. Figaro.


BARONESSE. Mein lieber Figaro, die Feste eilen nicht. Allein die Trauung ist noch heute.

LEOPOLDINE. O liebe Mutter!

FIGARO. So schlecht und recht? – In Frankreich wird man Ihnen das ungleich deuten.

BARONESSE. Sie hören doch, Herr Graf? – Man erinnert sich unser an gewissen Orten noch. – Das kann ich nicht oft genug den Leuten wiederholen, die sich in Deutschland wegwerfen.

CHRISTOPH. Ma foi! – Wenn die lange Weile nicht wäre!

HYAZINTH seufzt. Die lange Weile – ja![210]

CHRISTOPH. Die nöthigt uns – à contre-coeur – mit dem Gesindel hier uns einzulassen.

HYAZINTH. Wir schlafen – sehen Sie – oft an der Tafel – ein.

FIGARO leise zur Baronesse. Wenn Sie mit der Trauung so sehr eilen – weiß ich nicht, wie ich von dem Grafen die Garantie –

BARONESSE. Das ist wohl wahr! – Dann lag mir ferner wohl daran, daß ihm die Sottise des Thorzuschließens widerführe; nicht aber daran, daß sie auf mir ruhen bleibe. Nur will der Graf Baptist ihm nicht darüber die Excuse machen.

FIGARO. Verdammt!

BARONESSE. Und ich versprach's. Mein ganzes Ansehen liegt daran.

FIGARO. Wie, wenn ich Bardenrode beredete, daß er's zum voraus verbäte?

BARONESSE. Scharmant!

FIGARO. Allein, dann sehen Sie von selbst, daß wir die Trauung –

BARONESSE. Aufschieben müssen; natürlich – Auch dringen Sie wegen der Garantie von meinen Kapitalien scharf in ihn.


Indessen hat Graf Christoph dem Fräulein Artigkeiten gesagt. Graf Hyazinth Knöpfe gezählt, und etwas in sein Souvenir geschrieben.


BARONESSE laut. Mit alle dem sind doch die Mißverständnisse mit unsern Unterthanen zu weit gediehen. Wir müssen sie durch Feste, und durch das Rührende von dieser Ehe besänftigen. Wir geben also heute Verlobungsfestlichkeiten, die Bardenrode nicht dafür halten soll. Wir nennen es[211] bei ihm – ein Maienfest – so etwas – ja! Was hat man jetzt in Frankreich an den Verlobungstagen großer Häuser für Solennitäten?

FIGARO. Hm! – Den Unterthanen gibt man Freiheiten.

HYAZINTH. Das pflegen wir nicht zu thun.

FIGARO. Den Leuten, die zunächst um die Familie sind –

BARONESSE. Denen habe ich Freude zugedacht; Geschenke, die ich mit Wonne geben will. Wohlthätigkeit – lohnt in der Rückerinnerung noch sanft.

FIGARO. Das ist die Sprache großer Seelen. – Ja – theilen Sie Geschenke aus – Ich rufe die Livree. Eilt ab.

BARONESSE ruft ihm nach. Das heißt – So hören Sie doch an –


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 210-212.
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