Vierzehnter Auftritt.

[273] Die drei Grafen. Baronesse.


HYAZINTH. Dürfte ich mir zum Gedächtniß – die Feder doch ausbitten, womit wir unterschrieben haben?

CHRISTOPH überreicht sie ihm.

HYAZINTH besieht sie ängstlich. Ach, sie ist sehr tief gespalten. Er legt sie in sein Taschenbuch. Das ist nicht von guter Vorbedeutung.

BARONESSE. Ich hoffe, Ihre Excellenzen sind mit mir zufrieden.

HYAZINTH küßt ihr die Hand. Touchirt – man kann nicht mehr.

BARONESSE. Das Attaschement, was Sie mir äußern, konsolirt mich für manche Seelenleiden. Nun sehen Sie, wenn ich den Weg nicht eingeschlagen wäre, wie hätten Sie die großen Kapitale zurück bezahlen wollen, die Sie von mir empfingen?

HYAZINTH. Ja wohl, Sie verlangen also nun gar nichts mehr?

BARONESSE. Was sagen Sie?

HYAZINTH. Sie schenken die ganze Forderung?

BARONESSE. Schenken? – Ich sage, daß Sie die Kapitale nunmehr leichter zurück bezahlen können.

HYAZINTH erstaunt. So wollen Sie Ihre Kapitale doch noch wieder haben?

BARONESSE. Ei das versteht sich!

CHRISTOPH. Ganz natürlich! – nur nicht von uns.

BARONESSE. Nicht von Ihnen?

HYAZINTH. Ich zahle keinen Heller.

[274] CHRISTOPH. Und wir noch weniger.

BAPTIST. Und wir noch weniger.

HYAZINTH. Sie haben sich so eben zu mütterlicher Pflicht verbunden.

BARONESSE. Mütterlicher Pflicht? – Weil Sie sich der Regierung nun begeben –

HYAZINTH. Der Regierung? – Ich weiß nicht, was Sie wollen, beste Baronesse!

BARONESSE. Wie? – Nachdem ich –

HYAZINTH. Mon Dieu! Am Ende bekomm' ich wohl nicht einmal bares Geld von Ihnen?

CHRISTOPH. Wollen Sie denn Geld von ihr?

HYAZINTH. Ei freilich!

BARONESSE. Sie wollen Geld von mir?

CHRISTOPH zur Baronesse. Ich verstehe nicht, was er will.

BAPTIST. Euer Liebden sind vielleicht unpaß? –

HYAZINTH. Bewahre! – Allein – man macht mich so konfus –

BARONESSE. In wie fern erwarten Sie denn Geld von mir?

HYAZINTH. Als Aussteuer!

BARONESSE sieht den Grafen Christoph an. Aussteuer?

CHRISTOPH sieht den Grafen Baptist an. Zur Aussteuer?

BAPTIST sieht den Grafen Hyazinth an, und schüttelt den Kopf. Hm! – Aussteuer!

HYAZINTH lächelt. Nun ja!

BARONESSE nachdem sie ihn eine Weile angesehen hat, zu den andern. Begreifen Sie, was er damit will?

CHRISTOPH faßt ihn vertraulich an. Was wollen Euer Liebden damit sagen?

HYAZINTH. Ei – die – Heirathssteuer![275]

CHRISTOPH. Ah so? – Sie meinen als Aeltester etwas voraus? – Das ist nicht! Alle drei gleich, das –

HYAZINTH. Wie kann das sein? – Derjenige, der sich vermählt –

CHRISTOPH. Ei – wir vermählen uns ja nicht.

HYAZINTH. Das weiß ich wohl.

CHRISTOPH. Endlich haben's Euer Liebden doch begriffen! – Wir legen die Regierung nieder.

HYAZINTH erstaunt. So? – Sie legen die Regierung nieder?

CHRISTOPH. Wir, und –

HYAZINTH. Desto besser!

CHRISTOPH. Wie desto besser?

HYAZINTH. Da ich mich vermähle!

CHRISTOPH. Verstehen Sie mich! Im Eifer. Wir wollen uns nicht vermählen.

HYAZINTH heftig. Versteh' es wohl; ist mir recht lieb.

CHRISTOPH heftiger. Wir alle drei nicht: wir nicht, und Sie auch nicht.

HYAZINTH erstaunt. Ich auch nicht? – Ei – Euer Liebden haben's ja mit unterschrieben.

CHRISTOPH. In meinem Leben nicht! Sie kamen zu uns –

BAPTIST. Dem Plane beizutreten.

HYAZINTH. Nun ja!

CHRISTOPH. Nun ja!

BAPTIST. Und haben ihn unterschrieben.

HYAZINTH. Das habe ich.

CHRISTOPH ruhig. Eh bien! so sind wir einig.

BARONESSE. Nicht recht! – Denn, wie ich merke, wollen Ihre Excellenz sich doch vermählen?[276]

HYAZINTH freundlich. Ja freilich!

CHRISTOPH. Que Diable!

BAPTIST. Herr Bruder!

HYAZINTH. Ei – die Frau Baronesse wissen's ja am besten.

BARONESSE. Ich? – nicht eine Silbe.

HYAZINTH. Haben Sie mir nicht die Fräulein Tochter zugesagt?

BARONESSE. Wie? – Was höre ich? Sie wollen meine Tochter zur Gemahlin?

CHRISTOPH nach einer Pause. Herr Bruder – ich begreife nicht. –

HYAZINTHE. Ei, die Frau Baronesse wußten's ja, eh' ich's wußte.

CHRISTOPH fängt an zu lachen – dann die Baronesse – dann der Graf Baptist – zuletzt lachen alle drei.

HYAZINTH. Euer Liebden erzürnen mich, daß ich den Geist aufgeben möchte.

BAPTIST. Nun, so viel – fange ich denn doch jetzt an zu erblicken – und wenn ich's ausgesprochen habe – werden mir sowohl Euer Liebden, als auch die Frau Baronesse beipflichten. Wenn Ihre Excellenz – verstehen Sie mich – der ältere Herr Bruder –

BARONESSE. Ja.

CHRISTOPH. Ja, ja!

BAPTIST. Wenn Sie mit der Nièce sich vermählen wollen – dann – ja – dann haben wir nicht alle drei Einen Plan.

CHRISTOPH. Ma foi! – dann sind wir ganz verschieden.[277]

HYAZINTH. Was haben wir denn eigentlich wohl unterschrieben?

BARONESSE. Es ist ein Elend, daß Sie niemals lesen, was Sie unterschreiben. – Daher denn auch so manches, das hier Kummer und auswärts Schande macht.

HYAZINTH. Meines Wissens haben Sie dort – an jenem Tische unterschrieben, daß Sie die Fräulein Tochter mir zur Gemahlin geben wollen.

BARONESSE. Bewahre! – ich gab mein Consentement, daß Sie die Regierung niederlegen.

HYAZINTH. Sie? – meine Herren Brüder?

BARONESSE. Ja, und –

HYAZINTH. Nun – das habe ich also mit unterschrieben, und willige nochmals von Herzen ein. Legen Sie die Regierung nieder.

CHRISTOPH. Ihre Excellenz beliebten zu unterschreiben, daß Sie gleichfalls die Regierung niederlegen wollten.

BARONESSE. Ja.

HYAZINTH. Ich? – die – Regierung niederlegen?

BARONESSE. Ganz recht!

CHRISTOPH. Mit der Heirath hat man Sie also betrogen?

HYAZINTH hält sich den Kopf. Man lasse mich nur besinnen, wer mich eigentlich betrogen.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 273-278.
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