Hochzeit-Lied

[235] Willst du frey und lustig gehn

Durch das Weltgetümmel,

Mußt du auf die Vöglein sehn,

Wohnend unterm Himmel;

Jedes hüpft und singt und heckt

Ohne Gram und Sorgen,

Schläft vom grünen Zweig bedeckt

Sicher bis am Morgen.


Jedes nimmt ohn' Argelist,

Was ihm Gott beschieden,

Und mit seinem Fräulein ist

Männlein wohl zufrieden;

Keines sammelt kümmerlich

Vorrath in die Scheunen;

Dennoch nährt und labt es sich

Mit den lieben Kleinen.
[236]

Keines bebt im Sonnenstrahl

Vor den fernen Stürmen;

Kommt ein Sturm, so wird's im Thal

Baum und Fels beschirmen.

Täglich bringt es seinen Dank

Gott für jede Gabe,

Flattert einstens mit Gesang

Still und leicht zu Grabe.


Willst du frey und lustig gehn

Durch dies Weltgetümmel,

Mußt du auf die Vöglein sehn,

Wohnend unterm Himmel.

Wie die Vöglein haben wir

Unsren Vater droben:

Laß ein treues Weib mit dir

Lieben ihn und loben!

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 3, Zürich 1819, S. 235-237.
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