16. Summula

[136] Ankunft-Sitzung


Niemand fuhr wohl jemals froher mit Hasen als Katzenberger mit seinen. Es war ihm ein Leichtes und ein Spaß, mit seiner Mißgeburt im Arm jedes Wort auszudauern, das Nieß von erster Jugendliebe, dem Frühgottesdienst gegen weibliche Göttinnen und von Theudobachs seligmachendem Glauben an diese ihm an die Ohren warf; denn er wußte, was er hatte. Süßlich durchtastete er den Hasen-Zwilling und weidete ihn geistig aus. Seinem Kutscher befahl er, jetzt am wenigsten umzuwerfen, weil er sonst die Hasen bezahlen müßte und nachher aus dem Dienst gejagt würde ohne Livrei.

Nun schlug er der Gesellschaft, eigentlich dem Edelmanne, die Frage zur Abstimmung vor, ob man schon die nächste Nacht sehr spät in Maulbronn anlangen wolle oder lieber in Fugnitz verbleiben, der Zäckinger Grenzstadt, wenige Stunden von Maulbronn. Theoda bestand auf schnelle Ankunft; sie wollte wenigstens mit dem schlafenden Dichter in demselben gelobten Lande und unter einer Wolke sein. Der Edelmann sagte, er habe den eigennützigen Wunsch, erst morgen anzukommen, weil ein Wagen enger vereinige als ein Baddorf. Die heimlichern Gründe seines Wunsches waren, am Tage vom Turm herab mit dem Bade-Ständchen angeblasen zu werden – ferner sich den Genuß des Inkognitos und das Hineinfühlen in Theodas wachsende Herzspannung zu verlängern – und endlich, um mit ihr abends durch das gewachsene[136] Mondlicht spazieren zu waten. Der Doktor schlug sich mit Freuden zu ihm; Nieß trug mit dichterischer Großmut die Frachtkosten für ihn und kürzte aus dichterischer Weichlichkeit alles Reise-Gezänk durch Doppel-Gaben ab, um auch die kleinsten Himmelstürmer von seinem Freuden-Himmel fernzuhalten. »Ohnehin« – sagte der Doktor – »müss' er in Fugnitz eine neue Scheide für seinen gefährlichen Giftpfeil machen lassen; und er reise ja überhaupt nur nach dem Bad-Neste, um da einen unreifen Rezensenten, den er nicht eher nenne, bis er ihn injuriert habe, auf jene Weise zu versüßen, wie man nach Doktor Darwin unreife Äpfel süß mache, nämlich durch Zerstampfen; wiewohl er sich beim Manne nur auf Prügel einschränke.«


(Fortsetzung im zweiten Bändchen)[137]

Quelle:
Jean Paul: Werke. Band 6, München 1959–1963, S. 136-138.
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