Dreizehnter Auftritt.

[62] Klotilde. Sebastian. Dann Apollonia. Regine.


KLOTILDE ist in einen Stuhl gesunken. Mein armer Vater – und – o mei Robert!

SEBASTIAN hat alles genau beobachtet, wird ernsthaft, man sieht ihm den Kampf an, Fassung zu gewinnen. Ja – was ist denn das? – Sie haben ja nit g'lacht, wie ich g'sagt hab', er hat falliert? Sie haben mich nicht Lugen g'straft – warum hat er g'logen? – warum?

REGINE eilt herein. Mein Gott, ist's möglich?[62]

SEBASTIAN. Was?

APOLLONIA kommt ebenfalls. Mann! Mann! Was hast du tan?

SEBASTIAN. Ja, was denn?

APOLLONIA. Hab' ich's nit g'sagt, du sollst in dem Zustand nit rüber gehn –

SEBASTIAN. Ja, was ist's denn?

REGINE. Herr von Wellenschlag ist fortgefahren, aus der Heirat Klotildens wird nichts –

APOLLONIA. Und dran bist du schuld –

SEBASTIAN. Ich – schuld –?

REGINE. Am Comptoir stehen eine Menge Menschen, sie wollen Geld – Herr von Glatt trat unter sie und erklärte, daß Ihr Bruder falliert habe –

KLOTILDE steht auf.

SEBASTIAN plötzlich nüchtern werdend und aufschreiend. Falliert!

REGINE. Er ist zugrunde gerichtet – entehrt –

SEBASTIAN verzweifelnd losbrechend. Und ich – ich an allem schuld – Entehrt durch mich – Er fällt in einen Stuhl.

APOLLONIA besorgt. Sebastian! Sebastian!

SEBASTIAN weinend. O mein Bruder! mein Bruder!

KLOTILDE. Aber lieber Vetter –

SEBASTIAN. Ich bin ein Elender – ein niederträchtiger Mensch – recht hat mein Bruder g'habt, daß er mich nit im Haus duldet hat – o mein armer – armer Bruder!

APOLLONIA. Geh' – geh' nüber zu dein Bruder, bitt'n um Verzeihen –

SEBASTIAN. Ja um Verzeihn bitten – das nutzt was! – Der braucht jetzt was anders – aber – Plötzlich von einem Lichtgedanken durchzuckt, in die höchste Freude übergehend. Mein Gott! – Hab' ich nicht – Er greift hastig nach der Brusttasche. Da – da, Er zieht eine große Brieftasche hervor. o mein Gott! – Er fällt auf die Knie. Den Gedanken hast du mir gegeben, noch daham – da – da – Er springt auf. da – da drin sein vierzigtausend Gulden.

KLOTILDE. Was –

SEBASTIAN. Ja, vierzigtausend – ich hab' all mein bares[63] Geld mitg'nommen – hab's anlegen wollen – jetzt leg' ich's an – und d' Bruderlieb soll Interessen zahlen – ich hab' Geld – ich hab' Geld! In höchster Freude. Wer sagt, daß ka Geld da ist – Juhe! Juhe! Er springt herum, Klotilden fortdrängend. Geh' – geh' – geh' zu dein Vatern – sag' ihm, er ist g'rett – Er schiebt sie in die Seitentür. und du – Regerl – lauf' hinunter – gib das dem Kassier – er soll zahlen – zahlen – aber g'schwind – g'schwind! Er schiebt sie zur Mitteltür hinaus. Apel – mein Apel! Er faßt sein Weib beim Kopf und küßt sie derb. Gelt, du hast nichts dagegen – o mein Gott, die Freud'! –

APOLLONIA. Aber wann's nur g'nug ist!

SEBASTIAN zieht seine Taler heraus. Da – da hab' ich noch das Geld, was i mitg'nommen hab', um Wien z' sehen – ich gib's dazu. Er wirft das Geld auf den Tisch.

APOLLONIA. Sebastian, wie ich dich jetzt sieh – jetzt hab' ich dich noch einmal so gern –

SEBASTIAN. I verkauf' meine Bräundln – den Wagen – sein a a paar hundert Gulden wert –

APOLLONIA. Aber Alter, da können wir ja nit z' Haus fahren.

SEBASTIAN. Macht nichts, so gehn wir z' Fuß, das ist noch g'sünder – aber jetzt geh' – such' die Frau Schwagerin auf – sag' ihr, daß nichts z' fürchten ist – die hat am End' schon vornehme Krämpf' kriegt.

APOLLONIA geht ab.

SEBASTIAN allein. Und jetzt zu mein Bruder – ich muß ihn um Verzeihn bitten – muß sehn, ob er ganz g'rett werden kann.

GLATT tritt ein.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Stadt und Land oder Der Viehhändler aus Oberösterreich. Leipzig [1905], S. 62-64.
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