§. 2.

Ihre Obrigkeit / der Kinder Ausgang um welche Zeit er ohngefehr geschehen / nebst unterschiedlichen Meynungen.

[5] Von dem Abbate Fuldensi unter dessen Jurisdiction sie gehöret / ist sie umb das Jahr Christi 1259. an den Bischoff zu Minden verkauffet worden. Wie aber hernachmahls schwere Kriege entstanden / ist sie endlich an das Braunschweig-Lüneburgische Haus gefallen / anno 1261. da denn ihre erste Obrigkeit der Fürst Magnus Albertus war / nach dessen Tode sie an seinen ältesten Herrn Sohn Fürst Henricum Mirum, anno 1279. gefallen / wie solches Schoock p. 8. anführet. Unterdessen Regierung um das 1284ste Jahr am Tage Johannis und Pauli den 26. Junii ein unglückseliger Rumläuffer bey 130. Knaben und Mägdlein mit seinen Gepfeiffe bezaubert / aus der Stadt Hameln gelocket haben soll / welche niemahls sich wieder / zu den [5] Ihrigen gefunden. Nun fragt sichs hier: Was von dieser Geschicht zu halten sey? daß es eine warhafftige Geschicht sey / geben vor Wierus, Büntingius, Hondorffius, Kircherus, Calixtus und andere mehr. M. Samuel Erichius hat sich der Sache in seinen teutschen Tractat zu Hannover an. 1665. gedrucket unter den Titul: Exodus Hamelensis, mit allen Ernst angenommen / und erweiset es nicht sonder grossen Zelo. Allein von diesen allen weichet ab der berümte Professor zu Gröningen Martinus Schoockius, und erweiset das Widerspiel. Wie er denn in seinen herausgegebenen Büchlein es ausdrücklich eine Fabel nennet / und auch erweiset / daher er auch das Scriptum die Hamelische Fabel intituliret.

Quelle:
[Meister, Johann Gottlieb:] M. Theodori Kirchmayeri Curiöse Historia von den unglücklichen Ausgange der Hamelischen Kinder. Aus dem Lat. ins Teutsche übers. von M. M. [d.i. Johann Gottlieb Meister], Dresden, Leipzig 1702, S. 5-6.
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