Vberreichungsschrifft

Ihr grossen Vätter nemt/ nemt hin diß mein Gedichte/

Ach nemet es doch an mit gnädigem Gesichte/

Was meine Clio nechst gespielt zur Osterzeit/

In eurer Gegenwart mit schlechter Liebligkeit.

Nun leset/wenn ihr legt die grossen Sorgen nieder

Für diese grosse Stadt/ ihr Vätter/ meine Lieder/

Die ich zu Gottes Lob und eurer Lust gemacht/

Ohn allen Wörterschein/ ohn alle Rednerpracht.

Es hat euch ie und ie von Hertzen wolgefallen

Der edlen Künste Kunst die Poësi vor allen/

Diß weiset Celtes auß1/ der bey den Sternen steht/

und wie sein Friederich in grünen Lorbeern geht/

Auch Eoban2/ dem ihr viel gutes habt erwiesen/

Weil in der Römerzung er eure Stadt gepriesen.

Der Römer/ der ihm hat bißher sehr viel getraut/

Ist gegen Teutsch ein Wind und Klingel ohne Laut/

Seid daß wir aufgewacht/ der abgeführten Grichen

Versüster Verseklang gantz emsig nachgeschlichen/

und auch der Mutter Rom den Handgrif abgemerkt/

Der unsrer Sprachen Schmuk nun üm ein mercklichs stärkt.

Jetzt kan ein teutscher Mann sich rechtbehutsam schützen/

Den Feind zu rükke haltn3 mit seiner Spracheblitzen/

Er gehet der Natur in allen Dingen nach/

Er donnert/ sauset/ braust/ er rauschet gleich dem Bach/

Der Lerchen hört er ab ihr Tiretireliren/

Den Wassern ihr Gesäust und murmelndes Spatziren/

Er rasselt/ prasselt/ brült/ wie wann der Donner brumt/

und bey gewölkter Nacht der Winde Stürmen sumt/

Daß Wild und Wald erstaunt. Wie Berge Feuer streuen/

Bepichen Laub und Gras heissiedend Hartz außspeien/

Spricht ietzt ein teutscher Mund mit schönen Reden auß/

Parnassus ist nun teutsch der Musen Sommerhauß.[4]

Nun wol so lieber den/ ihr alten teutschen Helden/

Der in der Mutterzung wil euren Ruhm vermelden/

und euer Nürenberg/die Lust und Zier der Welt/

In welcher Kunst und Witz/in welcher Gold und Geld/

Wil in das Sternenbuch mit güldner Dinte schreiben/

Daß es die Nachwelt liest und ewig muß bekleiben.

Den Marmel frist die Zeit/ Stahl rostet und wird alt/

Das Gold wird wieder Koht/ Holtz brent und faulet bald/

Nur ein Poët verbleibt/ und seine Lust die Bücher

Sind für dem Vntergang mit ihrem Vatter sicher/

und pochen Zeit und Tod. Gott kröne diese Stadt/

In welcher Gottesfurcht die Oberstelle hat/

Zunechst Gerechtigkeit; wie der von Brennus Stamme

Der grosse Scaliger/ der Wissenschafften Flamme/

Sagt: Als Astrea4 ließ das Gottvergesne Land/

Hat sie auf ewig sich nach Nürenberg gewand.

Hier wohnt der Landsknecht Gott und auch die Pierinnen/

Verdoppelt Lorbeerlaub bekräntzet jhre Zinnen

Des Febus und deß Mars. Ich habe viel gelesn/

Es sey der Musen Berg zweyhügelig gewesn/

Hier ist er/ wenn er ist/ hier Febus selber sitzet/

Vom klugen Altdorf wird Parnassus zugespitzet.

Nun lebet allzeit wol in eurer edlen Stadt/

Dergleichen unser Reich und Teutschland nirgends hat/

Vnd du/ du Friedefürst/ laß sich den Krieg verziehen/

Laß unser Feld mit Frucht/mit Zucht die Hertzen blühen/

Schik uns das Himmelskind den güldnen Friede zu/

Erhalte diese Stadt und uns in stoltzer Ruh.


Ihrer Adelichen Herrlichkeiten

unterthäniger Johann Clajus.

Fußnoten

1 Cunradus Celtes ist der erste Poët in Teutschland gewesen/ vö Käiser Friederico dem III. glorwürdigsten Andenckens mit eigner Hand gekrönet worden/hat unter andern auch in einer Schrifft die Stadt Nürnberg schön heraußgestrichen/ wie solche mit seiner eigenen Hand ausgezeichnet in hiesiger berühmter Bibliothec befindlichen.


2 Eobanus Hessus ist ein vornehmer Poët gewesen/welcher viel Bücher der H. Schrifft in Verse übersetzet/ hat ein schönes Lobgedichte der Stadt Nürnberg zu Ehren geschrieben/ dergleichen auch gethan Georg. Sabinus/ Jacobus Micyllus/ Andreas Lymvicus/Georg. Fabricius/ Lotichius/ Schösserus/ Schefferus/Lindebergius und andere.


3 Mit dem Frawenzimmer soll man Frantzösisch reden wegen der Lieblichkeit/ mit Fürsten Italiänisch wegen der Zier/ mit Gotte Spanisch wegen der Majestät/ mit Feinden aber Teutsch/ wegen der dringenden Krafft und brechenden schrekkenden Gethöne der teutschen Wörter/ Schottel.


4 Heist die Gerechtigkeit/ weil die Poëten gedichtet/sie were vom Himmel kommen. Es lautet aber des Fürstlichen/ Sieghafften grossen Scaligers Lobrede also:

Diva mihi extremi da munera sacra laboris,

Non tamen extremo conspicienda loco.

Sed velut abducto veneramur in ordine cœlum,

Hic ubi naturæ fine quievit opus.

Non potes æthereis deducere sedibus astra,

Invenies, tibi quæ Norica terra dabit.

Hunc sibi corruptas terras Astrea, relinquens

Fatali statuit sede tenere locum.

Quis putet horrifico sociales Marte Camœnas,

Sacra tamen duplex tempora laurus obit.

Martis habe et Phœbi felici tempore laurum,

Sanctaq sit valido fœdere juncta fides.


Quelle:
Johann Klaj: Redeoratorien und »Lobrede der Teutschen Poeterey«. Tübingen 1965, S. 4-5.
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