Dritte Scene.

[150] Wagner von der andern Seite. Faust.


WAGNER hastig.

Da seid ihr endlich –! –


Sieht dem Fremden nach.


Hu, da schleicht er hin,

Der Schwarze –!

FAUST abwesend.

Wer?

WAGNER sich schüttelnd.

Mit Schweif und Pferdefuß!

FAUST.

Verrückter!

WAGNER.

Seht ihm doch nur nach im Dunkeln![150]

Es leuchtet schwefelgelb aus ihm hervor; –

Die Hörner klar und deutlich –


Nachstarrend und dann schnell abbrechend.


Gott sei bei uns!

FAUST.

Bist du von Sinnen!

WAGNER.

Wollt' es doch der Himmel,

So wäre alles Trug und Phantasei,

Ihr hättet euer Weib dann nicht vergiftet,

Und –

FAUST faßt ihn wild.

Ha, Verdammter!

WAGNER aufrufend.

Wollt ihr mich erwürgen?

FAUST.

Fürwahr ich möcht's! Und alle hinterdrein; –

Seit – sie dahin! – was wollt ihr, Unkraut, leben?

WAGNER.

O welche Reden! – Weh, es ist gewiß!

Der Unhold hat euch schon in seinen Klauen! –

Ihr seid verloren dort und hier im Leben,

Denn die Gerichte spüren auch euch nach![151]

FAUST.

Gerichte – Pah! – Doch nicht das Weltgericht!

WAGNER mit ängstlicher Zudringlichkeit.

O lieber Herr, jetzt ist's vielleicht noch Zeit,

Auf solchem argen Wege umzukehren;

Mich selber hatt' er auch schon nah daran,

Daß ich mich fast der Weltlust übergeben;

Doch hab' ich in's Gewissen mir gegriffen,

Und mit Vermahnungen mir zugesetzt,

Daß er entwichen! –


Treuherzig.


Betet, guter Herr!

Dawider mag der Unhold nichts beginnen!

FAUST wild.

Haha!

WAGNER.

Lacht nicht so fürchterlich in's Echo!

Mir ist so bang – als wär's das letzte Mal,

Daß wir uns sähen; und die gute Frau

Schwebt mir auch immer vor den Augen –

FAUST heftig.

Fort![152]

WAGNER.

Im Zorne nicht – war ich euch doch so treu! –

Und, lieber Herr – wenn das euch retten könnte –

Wenn euch der Unhold losgiebt – – diese Rechte,

Ich strecke sie für euch in's Höllenfeuer!

FAUST bewegt.

Das wolltest du –?

WAGNER sehr ernst.

So wahr mir Gott helf' – ja!

FAUST.

Du alter –


Plötzlich auffahrend, als er in die Ferne sieht.


Fackeln – ha!

WAGNER.

Nehmt ihr es an!

FAUST.

Verlaß mich!

WAGNER.

Redet!

FAUST außer sich.

Fort, sag' ich – von hinnen!

WAGNER.

Und wenn's zu spät ist –[153]

FAUST schleudert ihn aus der Scene.

Ha – so fahr' zum Teufel!

WAGNER aus der Ferne.

Verloren!

FAUST in wildem Aufruhre.

Fackeln! – Ha, du bist's! du bist's!

An mein wildklopfend Herz will ich dich drücken.


Mit ausgebreiteten Armen.


Flieh mir entgegen, Braut! das Lager harrt!


Taumelt plötzlich in die Scene zurück.


Weh mir! – Kein Brautbett – – das – ein

Todtensarg!


Quelle:
Klingemann, August: Faust. Ein Trauerspiel in fünf Acten. Leipzig und Altenburg 1815 [Nachdruck Wildberg 1996], S. 150-154.
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