[1141] Königszimmer.
König. Malvizino.
MALVIZINO. Sie sind gesprengt, König, dafür sorgt nicht. Ich schmiß sie zusammen in ein Loch.
KÖNIG. Das ist's nicht, Malvizino, was mein Herz bewegt. Ach ganz andre Gefühle! – Er kommt! Und ich um seinen Hals von neuem fallen! – Malvizino! Und so gewesen sein! So gehandelt haben, aber hier ist's anders. Laß mich verschnaufen! Hier schlägt's. Wie das all getilgt ist, wie ich all ihr Vorhaben vergaß, und nur er! – Ihn blenden, Gott im Himmel, kann ich mir vergeben, mich solchen Leuten überlassen zu haben! Und ich tat's nicht, Malvizino, ich tat's nicht – glaubst du mir's? Vergißt du?
MALVIZINO. Alles, alles. Warum nicht? Ha wenn ich nur die Könige sähe! Wenn ich sie nur krönen dürfte.
KÖNIG. Kein Wort davon, ich bitte dich. – Ach Herz, mein Herz, wie reich, wie neu, wie voll die Welt, wie lieb um mich.
Grisaldo tritt auf. Der König an seinem Hals. Schweigen beide, und Ausdruck des stärksten
Gefühls der Wiedererkennung, der Liebe.
KÖNIG immer an seinem Hals, ihn küssend und herzend. Fühl ich[1141] wieder schlagen dein Herz an meinem! Fühl ich wieder Leben und Liebe übergehen aus deiner Brust in meine! – Grisaldo!
GRISALDO. Seht in mir –
KÖNIG. Ich fühl in dir, und habe Stärke von dir. Denn ich fühle dein Herz wieder so ungestüm schlagen an dem meinen wie sonst.
GRISALDO. Erkennt mich als Euren Treuen, der ich immer war.
KÖNIG. Dich verkennen? Edler Mensch! Dein Anblick würde mich erniedrigen, wenn nicht neues Leben mir zuströmte. Ich war tot, du weckst. Wie lohn ich dir? Du hast mich errettet, von neuem errettet!
GRISALDO. Mit Eurer Liebe.
KÖNIG. Du hattest sie immer. Grisaldo, du hattest sie. Es waren finstre undeutbare Bilder vor meine Seele getreten, ich war krank. Ich merk, daß der Mensch Rückfälle haben kann, die ihn auf eine Zeit ganz vernichten. Wie konnte mein Geist bleiben? Die Welt war leer, mein Herz klang nicht. Hatte keine Brust, mich hinein zu verhüllen, fand nirgends nichts. An seinem Hals von neuem. Ich habe alles. – Du weißt, was diese Leute vor einen Gebrauch von mir machten. Gott verzeih's ihnen, und mir, daß ich dich verkannte, und verzeih du mir! Und ach!
GRISALDO. Ihr brecht in Tränen aus. Wenn Euch Grisaldo wieder worden ist, warum schweigen vor ihm? Warum verhehlen das Gefühl Eures Herzens, das tausendfach leidet mit dem Zusammenpressen und Zusammenhalten –
KÖNIG. Laß! Mir ist zu wohl, mir ist zu gut, mir ist's zu neu. Die Veränderung ist zu groß –
GRISALDO. Laßt uns handlen, wir sind warm dazu. Und ein seliger Tag schließe sich an den andern. Mein Öl ist noch nicht verloschen, und nun bietet sich alles auf in mir fortzuführen.
KÖNIG. O Grisaldo, der du immer warst, da ich nichts war! – Ich weiß, du berechnest nicht, und das macht mich selig.
GRISALDO. Kein Wort davon. Ihr liebtet mich und liebt mich, Eure Wünsche waren ewig die meinen. Kommt, ich will Euch zu neuen Szenen führen, die Eurem liebenden Herzen Nahrung sind. Und richtet, die sich an Euch versündigten nach Eurem Gefallen.
KÖNIG. Ich übergeb sie Euch!
GRISALDO. Die Erinnerung ist ihnen Strafe genug.[1142]
KÖNIG. Nur aus meinen Augen, wenn du mir wohlwillst. Ich überlaß sie ihnen selbst.
GRISALDO. Daran erkenn ich Euch.
KÖNIG. Lehre mich leben, Edler!
GRISALDO. Was ich vermag, ist Euer. Hand in Hand ab.
Nach einiger Zeit Truffaldino in einem schlechten Kittel.
TRUFFALDINO. Das ist ein Leben! Bergauf, bergab, und immer noch Zeit, ins Tal zu stürzen, und an der Klippe zu zerschmettern. Was das Schreien, Winslen und Freude gegeneinander ist. Und mir gefällt's so. Bastiano will sich hängen. Er ist ein Narr! Curio spricht lateinisch in der Verworrenheit, und liegt zur Infantin Füßen. Der alte Fernando heult zum Himmel, und moralisiert. Lilla lacht und weint in einem Atem. Die Infantin weiß nicht was sie soll. Die Sarazenenprinzessin ist den Weibern der Pfahl im Fleisch, und Grisaldo, den Prätendenten, teilt die Rollen aus, und sie erfreuen sich. Mir ist alles recht. Von mir reden sie gar nicht. Entweder bin ich zu groß oder zu klein. Ich bin also Truffaldino wie vor? Mit Kittel und meinem Weißdorn, das ist genug. Ich mein, es wär doch gut in der Welt, wenn jeder so an seinem Plätzchen blieb, leben lernte, und hübsch um sich bebaute; sich nicht Begierden wachsen ließ, wo 's Herz nicht hinreichte, außer in Phantasie. Ziehet Lehren draus! Das sagt Truffaldino, der weise Mann, der nach einer Krone strebte, und jetzt mit der Schellenkappe zufrieden wäre, um ungestraft Wahrheiten auszuspenden. Ich denk so viel Gnade beim König zu erhalten, und will denn im Lande herumziehen, und jedem zurufen, Mensch, baue dein Gärtchen und bleib in der gezogenen Linie, außerhalb ist Sturm und Wind. Die Infantin will eine Maskerade angestellt haben, und ich will mich zu einem Narren ausputzen, und mich mit meinem Loswort insinuieren.