Zweite Szene

[1157] Lady Kathrin, Louise, treten komplimentierend auf. Verbeugungen von beiden Seiten.


LA FEU indem er sie erblickt. Venus Uranie! Paphos' Haine! Zu Lady Kathrin. Reizende Göttin dieser Insul! Ihr Anblick stimmt mein Herz zu Tönen der Liebe, und meine Nerven klingen das lieblichste Konzert.

KATHRIN. Mylord! Eine Verbeugung. Mylord! Kokettierend. Fremde von Ihrem Wert machen uns das traurige Leben hier, leicht und angenehm. Ich habe die Ehre zu reden –

LA FEU. Du Blasius, sag doch wie ich heiße – das ist mein Vormund Mylady!

BLASIUS. La Feu, Mylady! Zu Louise. Miß ich wünschte Sie nicht gesehen zu haben, wenigstens in diesem Augenblick nicht. Ich bin so wenig –

LOUISE. Ha! Ha! Mylord – Blasius – nicht recht?

BLASIUS. So nennt man mich.

LOUISE. Also Mylord Blasius, mir ist leid, daß Ihnen mein Anblick so schwer fällt. Freilich Mylord – Eine spöttische Verbeugung. – Ha! Ha! Tantens Gegenwart macht den Herrn zum klingenden Instrument. La Vache sonnante! Ha! Ha! o das ist zum Sterben! Nu Mylord so ernsthaft? –

BLASIUS. Ich bin nicht lustig – Schön und dumm! o mir!

WILD. Hier halt's der Satan aus!


Ab.


KATHRIN UND LOUISE. Aber warum geht Mylord weg?

LA FEU. Ich muß Ihnen sagen Mylady – Blasius du weißt's ja.

BLASIUS. Er hat Anfälle von Tollheit, Myladies, und wenn's ihn überfällt, treibt's ihn weg.

LA FEU auf Kathrin zeigend. Und der Anblick dieser Göttin könnte ihn nicht aufhalten?

KATHRIN. O Mylord – – – aber wie sehr bedaure ich, ein so schöner Mensch, ein so starkes wildes Ansehn.

LA FEU. Aber ein toller Mensch. Denken Sie er will in Krieg gehen.

KATHRIN. Und Sie?

LA FEU sich kniend. Hier ist meine Walstatt.

LOUISE verdrüßlich. Nicht auszuhalten!

KATHRIN La Feu ernsthaft aufrichtend. Das Knien läßt Ihnen schön Mylord, vermutlich deswegen –

LA FEU. Ach! Sie richten auf mit einer Gottheit, mit einer Größe –[1157] Vor Mylady, mag sich schon manches Knie wund gekniet haben –

KATHRIN. O Mylord! wenn man nur nicht unbemerkt durchs Leben gegangen ist.

LOUISE ärgerlich und schläfrig. Wo sind Sie Mylord? Der andere Weltteil wird Sie noch besitzen?

BLASIUS verdrüßlich und langweilig. Mylady Sie befehlen –

LOUISE ebenso. Mylord! Nichts –

KATHRIN. Und Sie Mylord?

LA FEU. Ach hin! hin! in Liebe entzückt! Glückliches, seliges Schicksal das mich diese Bahn führte! Endlich hat dein Grimm nachgelassen, wilder Unstern! und ich fühle wieder neu das Zucken in meinen Adern – Reizende Göttin! ich wünschte mir kleine, kleine Mückenaugen um alle Ihre Reize und Schönheiten im Detail zu durchschauen.

KATHRIN. Welcher Ton! wie angenehm munter! – Sind Mylord lange von London? o wenn Mylord etwas von London erzählen wollten!

LOUISE. O von London! Beiseit. Die Leute sind nicht zum Ausstehn!

LA FEU. Ja Mylady von London, und ich fühle nur was vor mir ist. London, Mylady! soll eine große Stadt sein. Ich weiß wenig von der Welt. Geboren bin ich in London. Komme von den Pyrenäen. O das sind hohe, hohe Berge! Ach Mylady und meine Liebe ist noch höher, wenn Mylady mich lieben könnten –

KATHRIN UND LOUISE. Lieben? ha! ha!

LA FEU. Kommt Ihnen das lächerlich vor, Myladies?

LOUISE. Allerdings Mylord! Nein wir lieben nichts.

KATHRIN. Still doch Nichtchen! der Unterscheid bleibt doch immer, und es kommt darauf an –

LA FEU. Ja reizende Mylady – das einzige was wir haben?

LOUISE zu Blasius. Mylord träumen so immer fort. Alle meine Munterkeit verläßt mich bei Ihnen.

BLASIUS. Verzeihen Sie mir, ich bin so gerührt – Sie sind schön Miß!

LOUISE. Und Sie sehr unterhaltend.

BLASIUS nach langer Pause. Sie haben Langeweile. Ich bedaure, daß ich Sie nicht besser unterhalten kann. Mein Unglück ist das immer, da nichts zu sein, wo ich alles sein sollte. Und ich liebe so stillschweigend, Miß, wie Sie sehen daß ich würklich im Fall bin. –[1158]

LOUISE. Lieben, Mylord? Was wollen Sie damit sagen? Stillschweigend lieben! Ach der Langeweile! Liebt Lord Wild auch so? Nicht als ob ich neugierig wäre – ich mag's nicht wissen – Wenn Sie nur munter wären!

BLASIUS. Ja munter! (ich erinnere mich zum Sterben. Mein Herz ist so kalt, so tot, und das Mädel ist so schön und lustig. –)

LOUISE. Ich kriege Vapeurs – Wollen Mylords den Tee im Garten nehmen? Das Zimmer bekommt Ihnen vielleicht nicht.

BLASIUS. Wie's Ihnen beliebt.

LOUISE. O Himmel! Schlägt ihn mit dem Fächer. werden Sie doch lebendig!

BLASIUS. Ich bin noch von der See – und habe – habe –

KATHRIN die Zeit über mit La Feu still gesprochen. Nun Mylord?

LA FEU. Ja wie ich Ihnen sage, kommen Sie nur. O meine Göttin, ich bin vor Ihren Augen wieder alles geworden. Wer kann so viele Liebenswürdigkeit sehen, ohne daß nicht alle Fasern am Leibe lebendig werden. Ja meine Göttin! ich will Ihnen viel, viel von den Schwingungen der Liebe erzählen, die meine Phantasie über die Sonne jagen. Und Mylady! Küßt sie. ich liebe Sie!

KATHRIN beiseite. Das ist kurios! ich versteh ihn nicht, und gefällt mir doch. Laut. Mylord, Sie sind –

LA FEU. O Sie! – mich deucht wir sympathisieren.

KATHRIN. Was heißt das sympathisieren?

LA FEU. Gott behüte! So weit verstehe ich mich nicht Mylady, zu wissen was die Worte heißen.

KATHRIN. Was Sie boshaft sind Mylord! Alle ab.


Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1157-1159.
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