Ermuthigung

[129] Getreues Deutschland, zittre nicht,

Mag dir der Feind gleich dräuen!

Schau unverzagt ins Angesicht

Dem wuthentflammten Leuen!

Nicht lenkt der Mensch den Krieg.

Gott giebt und nimmt den Sieg.

Doch den getrosten Muth,

Den Muth der Wunder thut,

Giebt die gerechte Sache!


Gerecht ist deiner Krieger Kampf,

Gerecht dein Kampf, das glaube!

Nicht lockt uns eiteln Ruhmes Dampf,

Nicht schnöde Lust zum Raube.[130]

Es gilt für Seel' und Leib,

Für Gut, Ehr', Kind und Weib,

Für Freiheit, Kirch' und Heerd,

Für alles was uns werth,

Was köstlich uns und heilig!


D'rum denke der vergang'nen Zeit,

Gedenk der großen Ahnen,

Und laß der Väter Tüchtigkeit

Zu gleichem Ernst dich mahnen!

Mild war ihr Sinn im Rath,

Ein Wetterstrahl die That.

Es wagten Herr und Knecht

Für Pflicht, Gesetz und Recht

Getrost Gut, Blut und Leben.


Denk, wie zu deinem Untergang

Sich Ost und West verbanden!

Heiß war der Kampf und hart der Drang;

Doch ward der Feind zu Schanden.[131]

Des schnöden Varus Hohn,

Des furchtbar'n Etzel Drohn,

Des stolzen Ludwig Wuth

Brach sich am Heldenmuth,

O Deutschland, deiner Braven!


O Deutschland sey der Väter werth,

Und laß an deinen Wällen,

An deiner Starken gutem Schwert

Des Feindes Grimm zerschellen!

Trotz' seiner Macht und Wuth!

Du stehst in Gottes Hut.

Wer freudig wagt, obsiegt!

Der Feige nur erliegt!

Der Tapfre fällt frohlockend!


Getreues Deutschland, zittre nicht,

Wie sehr der Leu auch schnaube!

Gott sey dein Hort, das Recht dein Licht,

Dein Schild und Schwert der Glaube[132]

Wohl auf, Herr Zebaoth!

Wohl her zu Streit und Tod!

Beschirme Leut' und Land!

Halt' uns in deiner Hand,

Wir siegen oder fallen!


Quelle:
Ludwig Gotthard Kosegarten: Dichtungen. Band 7, Greifswald 1824, S. 129-133.
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Gedichte
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