61. Der Rabe mit dem Ringe.

[60] v. Rochow a.a.O.


Auf der Spitze des Rathenower Thors zu Brandenburg sieht man einen Raben, in dessen Schnabel ein Ring mit daran befindlicher Kette sichtbar ist. Den hat einer der ehemaligen Bischöfe dort anbringen lassen zum ewigen Andenken daran, daß er einen seiner Diener ungerechter Weise hinrichten ließ. Dem Bischof war nämlich einst ein Ring fortgekommen, und da, so viel[60] er auch hin und her sann, wer ihn genommen haben könnte, doch sein Verdacht sich immer wieder auf jenen Diener wendete, der allein in seinem Zimmer gewesen war, so befahl er, daß er wegen des Diebstahls mit dem Tode bestraft werde, und dieser Befehl wurde auch sogleich vollzogen. Darauf vergehen einige Jahre und es wird an dem Dache eines der Kirchthürme etwas gebessert, da findet man viele Rabennester, und wunderbarer Weise in einem derselben den Ring, um dessentwillen der arme Diener hingerichtet war.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 60-61.
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