Ostern.

[311] In vielen Gegenden der gesammten Mark findet sich noch die Gewohnheit, am ersten Osterfesttage den Sonnenaufgang zu erwarten, denn man glaubt, die Sonne thue an diesem Tage, indem sie aufgehe, drei Freudensprünge. – Bereits vor Tagesanbruch und oft noch mitten in der Nacht stehen die Mägde auf, um aus Fluß,[311] Bach, See oder Teich Osterwasser zu holen; in den Sagen ist bereits erzählt, daß man es in Mohrin i.d.N.M. aus einem am Fuß eines großen Granitblocks gelegenen Graben zu schöpfen pflegte. Alles muß dabei unter heiligem Schweigen geschehen, sonst wird die Wirkung des Wassers, die heilend und Schönheit verleihend ist, gehemmt. Diejenigen, welche im Bett bleiben, werden von den Kindern (ein Gleiches geschieht auch am Aschermittwoch) mit Ruthen herausgepeitscht, nach dem provinziellen Ausdruck »gestiept«. Vormittags ziehen die Kinder in den Dörfern auf den einzelnen Höfen umher und sammeln Ostereier ein; zuweilen sind diese bunt gefärbt.

Mündlich.


An vielen Orten der Altmark, namentlich aber in dem Hans-Jochenwinkel, so wie im Drömling und den ehmals wendischen Dörfern im Lüneburgischen werden am Abend des ersten und zweiten Festtages, zuweilen auch am Heiligen Abend, Osterfeuer angezündet. Man wählt besonders die Anhöhen und errichtet hier Stangen, an denen man oben Theertonnen, Bienenkörbe und dergleichen befestigt. Um die Stange herum werden ebenfalls leicht Feuer fangende Gegenstände gelegt, darunter aber auch Knochen. Während des Brennens umtanzt das junge Volk das Feuer; nachher verläßt dies an manchen Orten den Platz, und die älteren Dorfbewohner erscheinen, sammeln die Asche, die sorgfältig aufbewahrt wird, weil ihr bei Viehkrankheiten heilende Kraft zugeschrieben wird. Man glaubt auch, daß, so[312] weit das Feuer leuchte, in dem folgenden Jahre das Korn gut gedeihe und keine Feuersbrunst entstehe, und es hat um so größere Kraft, wenn alle Gegenstände dazu gestohlen sind.

Ueber die Altmark I. 129.

Dritter Jahresbericht des altm. Verein S. 84.

Mündlich.


Auf dem Kiez bei Köpenick versammelt sich die Jugend am ersten Festtage vor Sonnenaufgang und schlägt Ball; dasselbe geschieht noch an mehreren Orten, obwohl nicht zu derselben Tageszeit, so z.B. in Lagendorf in d.A.M.; weder Regen noch Schneegestober hält davon ab. – In Tangermünde werden die im verflossenen Jahre verheirateten Frauen am dritten Ostertage um den Brautball gebeten, der nachher von Knechten und Mägden in den Tannen zerschlagen wird. In Arendsee ziehen die Schulknaben ebenfalls vor die Häuser der seit einem Jahr verheirateten, und weichen nicht eher, als ihnen ein Ball aus dem Fenster geworfen wird. Von Iden in der Nähe von Werben erwähnt dieser Sitte bereits Beckmann; am vollständigsten hat sie sich in einigen Dörfern bei Salzwedel erhalten. Am Ostertage oder Sonntag Judica zieht das gesammte junge Volk auf den Hof des neuen Ehepaars und singt:


Hie sind wi Junfern alle,

Wi sing'n een Brutballe!

Will uns de Brut den Ball nich gewen,

So willn wi er den Mann ok nehmen!

Eier Mann, Eier ja,[313]

N.N. mit sine junge Brut

Schmiett' uns den Brutball hrut,

So grot as een Zipoll (Zwiebel)

Den solln ji woll behollen.


Hierauf folgt der Gesang: Wer nur den lieben Gott läßt walten etc. nach der Melodie des Dessauer Marsches gesungen. Die junge Frau wirft dann, oft erst nach vielen vergeblichen Versuchen, einen Ball über das Dach des Thorweges, und der junge Mann zahlt einen Gulden oder einen Thaler. Darauf wird gesungen:


Se hebben uns eene Verehrung gegewen,

De lewe Gott lath se in Freeden leewen!

Dat Glück war Jahr ut un-d-ut,

Dat Unglück fahr tom Gäwel herrut.


Der Ball wird dann am Ostertage beim Ballspiel so lange geschlagen, bis er zertrümmert ist, das Geld bei Musik und Tanz vertrunken. An einigen Orten wird ein besonders großer Ball, aber kein Geld, an andern Orten statt des Balles nur Geld gegeben.

Mündlich.

Pohlmann u. Stöpel: Geschichte von Tangermünde S. 93.

Beckmann: Beschreib. d.M. Br. Th. V. Bd. I.K. VIII. S. 56.

Dritter Jahresbericht des altm. Vereins S. 85.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 311-314.
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