Zweite Scene.

[29] EMMA UND KARL.

Schwere Sorge führt mich zu dir,

Noch harrt Fierrabras der Strafe,

Gerechtigkeit zu üben befahl ich offenes Geständnis ihm;

Doch stumm sind seine Lippen.

Nur, daß er dich liebe, bekannte er.

Drum frag ich dich nun, Emma,

Ich bitte, ich befehle, getreu Alles zu berichten;

Und vergriff sich Fierrabras an dir,

Nichts kann vom Tod ihn retten.

EMMA welche mit stets gesteigerter Beklommenheit zugehört hat, stürzt sich flehend zu ihres Vaters Füßen.

Vergebung, mein Vater!

KARL.

Du liebst ihn?

EMMA mit sich ringend.

Nicht ihn!

KARL ergreift sie in höchster Wuth bei den Händen.

Erzittre und bekenne!

EMMA halb gesprochen und tonlos.

Unschuldig – leidet – Fierrabras.[29]

Nr. 18. Quartett.


KARL schleudert sie mit einer Gebärde tiefsten Abscheus von sich.

Bald wird es klar, die That muß ich ergründen,

Du hast des Vaters milde Huld verschmäht!

Wohlan! den Richter sollst du in mir finden,

Der auf der Strafe Lohn besteht.


Karl ertheilt den Soldaten einen Befehl, dieselben gehen ab.


EMMA.

Wo werd ich Trost in meinen Leiden finden,

Da mir des Vaters milde Huld entgeht?

Will er der heil'gen Fesseln sich entbinden,

So hat mein Glück ein wilder Sturm verweht.

KARL.

Die Gnade muß weichen,

Der Grimm nur erwacht;

Und streng' ohne Gleichen

Sei Strafe vollbracht.

EMMA.

Die Freuden entweichen,

Der Schrecken erwacht,

Mich fassen die bleichen

Gestalten der Nacht.


Quelle:
Franz Schubert: Fierrabras. Text von Josef Kugelwieser, Leipzig [o.J.], S. 29-30.
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